Christliche Kirchen Gottes

[122]

 

 

 

Die Allgemeine Verbreitung der Sabbatistenkirchen [122]

(Auflage 3.0 19950624-19991205-20100111)

 

 

Dieses wichtige Studienpapier stellt die Sabbatistenkirchen im Nahen Osten, in Europa und durch ganz Asien vom ersten Jahrhundert an dar. Es deckt eine Zeitspanne von etwa zwei Jahrtausenden ab und ist eine umfassende Aufzeichnung der Geschichte dieser Kirchen als auch der ständigen Versuche des Systems, das die Einhaltung des Sonntags befürwortete, sie durch Verfolgung auszurotten.  

 

Christian Churches of God

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Die allgemeine Verbreitung der Sabbatistenkirchen [122]

 

 

Geschichtlicher Hintergrund

Nach einer Untersuchung der Geschichte der Sabbatistenkirchen können wir einige wichtige Schlussfolgerungen über diese Kirchen ziehen. Wir können auch ein System der Observanz zurückverfolgen, das zeigt, dass das biblische Modell, das Christus gründete, niemals seine Gültigkeit verloren hat. Es gibt einige bedeutungsvolle Beispiele, die in der Geschichte der Sabbatistenkirchen der frühen christlichen Welt und Europas bis in das Mittelalter in regelmäßiger Folge erscheinen. Die Sabbatistenkirchen, auch Sabbatati genannt, haben weltweit zu verschiedenen Epochen immer bestanden. Es scheint auch, als hätten sie in ihren Zentren schon seit frühester Zeit die heiligen Tage immer eingehalten.

 

Die Einhaltung des Sabbats war weit verbreitet und scheint schon früh die Opposition der Römischen Kirche auf sich gezogen zu haben. Auch in Ägypten wurde sie praktiziert, wie der Oxyrhynchus Papyrus (ca. 200 – 250 n. Chr.) zeigt:

 

Es sei denn, ihr macht den Sabbat zum wahren Sabbat (Gr. “sabbatisiert” den Sabbat), so werdet ihr den Vater nicht sehen (Die Oxyrhynchus Papyri, Teil 1, S. 3, Logion 2, Verse 4 – 11, London: Office of the Egyptian Exploration Fund, 1898).

 

Auch Origen empfahl die Einhaltung des Sabbats:

Nach dem Fest des nimmer endenden Opfers (der Kreuzigung) gilt als zweites das Fest des Sabbats, und es gebührt jedem Gerechten unter den Heiligen, dass er das Fest des Sabbats auch hält. Darum ist noch ein Sabbatismus, das heißt, ein Einhalten des Sabbats vorhanden dem Volke Gottes [Hebräer 4:9] Homily on Numbers 23, para. 4, in Migne, Patrologia Grǽca, Vol. 12, cols. 749, 750).

 

In gleicher Weise erklärt die Konstitution der Heiligen Apostel (Ante-Nicene Fathers, Band. 7, S. 413; ca. 3. Jh.):

Du sollst den Sabbat heiligen, weil du an den gedenkst, der seine Schöpferarbeit niederlegte, aber nicht aufhörte, seine Geschöpfe zu versorgen: Es ist ein Feiertag zur sinnenden Betrachtung des Gesetzes, nicht zur Trägheit der Hände.

 

Das Einhalten des Sabbats, das ursprünglich in der Kirche als die Norm galt, verbreitete sich nach Europa und von Palästina aus nach Indien (Mingana: Early Spread of Christianity, Band 10, S. 460) und dann nach China. Die Einführung des Sabbats in Indien verursachte dem Buddhismus um 220 n. Chr. große Konflikte. Lloyd zufolge (The Creed of Half Japan, S.23), berief die Kuschan-Dynastie Nordindiens einen Rat der buddhistischen Priester zu Vaisalia ein, um Einheitlichkeit unter den buddhistischen Mönchen bezüglich der Einhaltung ihres wöchentlichen Sabbats zu bewerkstelligen. Einige waren so beeindruckt von den Schriften des Alten Testamentes, dass sie auch begonnen hatten, den Sabbat einzuhalten.

 

Die Sabbatarier Europas waren keine unbedeutende Macht. Die Kirche, die in Mailand gegründet worden war, hielt den Sabbat ein.

Es war allgemeiner Brauch der östlichen Kirchen, und auch einiger Kirchen des Westens …… Denn in der Kirche Mailands scheint der Samstag in Ehren gehalten worden zu sein ….. Nicht, dass die östlichen Kirchen, noch irgendwelche, die diesen Tag heiligten, zum Judaismus neigten, sondern dass sie sich am Sabbat sammelten, um Jesus Christus, den Herrn des Sabbats, anzubeten (Dr. Peter Heylyn: History of the Sabbath, London 1636, Teil 2, Absatz. 5, S. 73 – 74).

 

Die westlichen Kirchen der Gothen hatten unter dem Einfluss Roms vermutlich aufgehört, den Sabbat einzuhalten, obwohl die Gothen selber keine Katholiken waren, sondern Subordinationisten oder sogenannte Arianer. Sidonius berichtet folgendes aus der Zeit Theoderichs (454 – 526):

Es ist eine Tatsache, dass es früher im Osten üblich war, den Sabbat in derselben Weise einzuhalten, wie den Tag des Herrn, und heilige Versammlungen zu halten. Dagegen hielten sich die Leute des Westens an den Tag des Herrn und unterließen es, den Sabbat zu feiern (Apollinaris Sidonii Epistolǽ, Lib. 1,2; Migne, 57).

 

Die Westgoten jedoch, die nach Südgallien und Spanien zogen, waren Adoptianisten und wurden Bonosier genannt, vermutlich nach Bonosus von Sardika, der lehrte, dass Joseph und Maria Kinder gehabt hätten. Er wurde mit Marcellus und Photius assoziiert und ihnen zugeordnet, welches zeigt, dass er ähnliche Ansichten über den Sabbat und das Gesetz hatte wie sie.

 

Das scheint auch von der Tatsache untermauert zu werden, dass Marseilles das Zentrum der westlichen Massilienser war, eine Bewegung, die an eine abgeschwächte Form der Prädestination glaubte, und die sich dort rapide verbreitete und schließlich um 529 in Oranien (wahrscheinlich zu Unrecht) als Pelagianismus verdammt wurde (ERE: Sects, Band XI, S. 319).

 

Aus dem Kanon 26 des Konzils von Elvira (ca. 305) geht hervor, dass die Kirche in Spanien den Sabbat eingehalten hatte. Rom hatte das Fasten am Sabbat eingeführt, um diesem Brauch entgegenzuwirken. Papst Sylvester (314 – 335) war der erste, der den Kirchen befahl, am Sabbat zu fasten, und Papst Innozenz (420 – 417) machte dieses Gebot den Kirchen, die ihm unterstanden, zum bindenden Gesetz.

Innocentius bestimmte, dass am Samstag, nämlich am Sabbat, immer gefastet werden sollte (Peter Heylyn: History of the Sabbath, Teil 2, Kapitel 2, London 1623, S.44).

 

Kirchenvorschrift 26 des Konzils von Elvira bestimmte:

Was das Fasten an jedem Sabbat betrifft: dass die Irrlehre berichtigt wird, an jedem Samstag zu fasten.

 

Die Stadt Sabadell in der Nähe von Barcelona im Nordosten Spaniens bekam ihren Namen von den Sabbatati, bzw. den Waldensern. Das Alter dieses Namens und auch der Begriffe Sabbatati und Insabatati spricht gegen die Auffassung, dass Waldes der Gründer der Waldenser gewesen sei. Im Gegenteil lässt die Verbreitung der Waldenser eher darauf schließen, dass Waldes von ihnen bekehrt wurde und ihren Namen annahm. Das wird später noch einmal erörtert werden.

 

In Persien erlitten die Sabbatarier vierzig Jahre lang in der Zeit zwischen 335 und 375 unter Schapur II Verfolgung, gerade weil sie den Sabbat einhielten.

Sie verachten unseren Sonnengott. Führte nicht Zarathustra, der heilige Gründer unseres göttlichen Glaubens, vor tausend Jahren den Sonntag zu Ehren der Sonne ein und ersetzte damit den Sabbat des Alten Testaments? Dennoch feiern diese Christen am Samstag ihre Gottesdienste (O’Leary: The Syriac Church and Fathers, S. 83 – 84, zitiert nach Truth Triumphant, S. 170).

 

Diese Verfolgung wurde im Westen im Konzil von Laodicea (ca. 366) widerspiegelt. Hefele bemerkt:

Kirchenvorschrift 16 – Die Evangelien und andere heilige Schriften sollen am Sabbat gelesen werden (vgl. auch Kanon 49 und Kanon 51, Bacchiocchi, fn. 15, S.217).

Kirchenvorschrift 29 – Christen sollten nicht judaisieren, indem sie am Sabbat ruhten; sie sollten lieber an diesem Tag arbeiten und den Tag des Herrn ehren und, wo möglich, als Christen an ihm ruhen. Wer sich aber als Jude aufführt, dem soll um Christi willen der Kirchenbann auferlegt werden (Mansi II, S. 569 – 570; siehe auch Hefele: Councils, Band 2, B. 6).

 

Der Historiker Sokrates sagt:

Denn obwohl fast alle Kirchen in der ganzen Welt die heiligen Mysterien [bei den Katholiken die Eucharistie oder das heilige Abendmahl des Herrn, so genannt] in jeder Woche am Sabbat feiern, weigern sich die Christen Alexandriens, wegen irgendeiner alten Tradition, dieses zu tun (Sokrates: Ecclesiastical History, Buch 5, Kapitel 22, S. 289).

 

Der Sabbat wurde bis ins fünfte Jahrhundert von der Christenheit eingehalten (Lyman Coleman: Ancient Christianity Exemplified, Kapitel 26, Abschnitt 2, S. 527). Zur Zeit des Hieronymus (420) verrichteten fromme Christen entschieden schon am Sonntag normale Arbeit (Dr. White, Bischof von Ely: Treatise of the Sabbath Day, S. 219).

 

Augustinus von Hippo, der mit großer Überzeugung den Sonntag einhielt, gab jedoch zu, dass der Sabbat im größten Teil der damaligen christlichen Welt eingehalten wurde (Nicene and Post-Nicene Fathers [NPNF], erste Serie, Band 1, S. 353 – 354) und missbilligte die Tatsache, dass von zwei benachbarten Kirchen in Afrika eine den siebten Tag, bzw. den Sabbat heiligte, während die andere am Sabbat fastete (Peter Heylyn, op. cit., S. 416).

 

Die Kirchen hielten damals generell den Sabbat ein, und das über eine recht lange Zeit.

Die Urchristen waren sehr bedacht auf die Einhaltung des siebten Tages, oder des Sabbats ….. Es ist klar, dass alle orientalischen Kirchen und der größte Teil der restlichen Welt den Sabbat als Fest einhielten …… Athanasius berichtet auch, dass sie am Sabbat religiöse Versammlungen hielten, nicht weil sie vom Judaismus beeinflusst waren, sondern weil Jesus , der Herr des Sabbats, angebetet werden sollte. Epiphanius sagt das Gleiche (Antiquities of the Christian Church, Band II, Buch xx, Kapitel 3, Abschnitt 1, 66. 1137, 1136).

 

In der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts reiste Museus, der Bischof der sabbatistischen abessinischen Kirche, nach China. Abrosius von Mailand zufolge reiste Museus durch fast ganz China (Ambrosius: De Moribus, Brachman-orium Opera Omnia, 1132, in Migne: Patriologia Latina, Band 17, S. 1131 – 1132). Mignana zufolge reiste der abessinische Museus um 370 nach Arabien, Persien, Indien und China (siehe auch fn. 27 zu Truth Triumphant, S. 308).

 

Die Sabbatistenkirchen etablierten sich in Persien und im Tigris-Euphrat-Becken. Ihre Mitglieder hielten den Sabbat ein und zahlten den Zehnten an ihre Kirchen (Realencyclopœie fur Protestantishe und Kirche, Art. Nestorianer; siehe auch Yule: The Book of Ser Marco Polo, Band 2, S. 409). Die St.-Thomas-Christen Indiens hatten nie Religionsgemeinschaft mit Rom.

 

Sie heiligten alle den Sabbat. Das Gleiche galt für die Kirchen, die nach dem Konzil von Chalcedon die Religionsgemeinschaft mit Rom abbrachen. Dazu gehörten die Abessinier, die Jakobiten, die Maroniten, die Armenier und die Kurden, die sich an die Speisegesetze hielten, die Beichte und das Fegefeuer aber ablehnten (Schaff-Herzog: The New Encyclopoedia of Religious Knowledge, Art. Nestorians und Nestorianer, wie oben).

 

Im Jahre 781 entstand die Eingravierung in den Marmor des berühmten China-Denkmals, die von dem Wachstum des Christentums im damaligen China berichtet. Die Eingravierung, die 763 Wörter enthält, wurde 1625 bei Ausgrabungen in der Nähe der Stadt Changan entdeckt und ist heute in dem Forest of Tablets (Wald der Tafeln) in Changan beheimatet. Der folgende Auszug aus diesen Tafeln berichtet:

Am siebten Tag bringen wir, nachdem wir unsere Herzen gereinigt und Absolution unserer Sünden empfangen haben, Opfer dar. Diese Religion, so vollkommen und hervorragend, ist schwierig zu nennen, aber sie erleuchtet unsere Dunkelheit mit ihren wunderbaren Grundsätzen (M. l’Abbe Hue: Christianity in China, Band 1, Kapitel 2, S. 48 – 49).

 

Die Jakobiten waren um 1625 in Indien als Sabbatarier bekannt (Pilgrimmes, Teil 2, S. 1269).

 

Die abessinische Kirche hielt am Sabbatismus fest, obwohl die Jesuiten sie in Äthiopien zum römischen Katholizismus zu bekehren suchten. Der abessinische Legat am Hofe Lissabons leugnete, dass seine Kirche den Sabbat einhielte, um den Juden nachzuahmen. Sie wollten eher Christus und den Aposteln gehorchen (Geddes: Church History of Ethiopoia, S. 87 – 88). Schließlich überredeten die Jesuiten im Jahre1604 den König Zadenghel, sich dem Papst in Rom zu unterwerfen und bei schwerer Strafe das Einhalten des Sabbats zu verbieten (Geddes: ibd., S. 311, und Gibbons: Decline and Fall of the Roman Empire, Kapitel 47).

 

Der Sabbat in Italien

Es wird behauptet, dass Ambrosius von Mailand in Mailand den Sabbat einhielt und in Rom den Sonntag, welches zu einer bekannten englischen Redensart führte: When in Rome, do as Rome does (Wenn du in Rom bist, tue, was Rom tut). (Heylyn: op. cit., 1612) Heylyn identifiziert ab dem vierten Jahrhundert die Kirche Mailands als das Zentrum der Sabbatisten des Westens (ibd., Teil 2, Absatz 5, S. 73 – 74). Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass, zu der Zeit, als Petrus Waldes sich den Waldensern anschloss, die Sabbatarier, den Aussagen der Waldenser zufolge, dort ihre Schulen hatten. Der Sabbat war schon seit Jahrhunderten in Italien eingehalten worden, und beim Konzil zu Friaul (ca. 791) äußerte man sich im Kanon 13 stark gegen diesen Brauch, der von den Bauern praktiziert wurde.

Wir befehlen allen Christen, den Tag des Herrn zu heiligen, nicht am Sabbat der Vergangenheit, sondern zu Ehren der heiligen Nacht des ersten Tages der Woche, welcher der Tag des Herrn genannt wird. Wenn von dem Sabbat geredet wird, den die Juden einhalten, dem letzten Tag der Woche, welchen auch die Bauern einhalten ….. (Mansi, 13, 851).

 

Es bestand also in Europa zwischen Mailand und Lyon ein Kern der sabbatistischen Tradition. Letzteres wurde das Zentrum der Bettelmönche, ein Zweig der Sabbatati oder Insabatati, die später als die Waldenser bekannt wurden. Die Verbindung zwischen Mailand und Lyon wurde von Pothinus und Irenäus (ca. 125 – 203) bestärkt. Beide waren Anhänger des Polykarp, der wiederum Jünger des Johannes war, und beide waren Sabbatarier. Irenäus wurde nach dem Martyrium des Pothinus unter der Verfolgung des Mark Aurel Bischof von Lyon. Diese Verfolgung, die um 177 stattfand, ist uns aus den Berichten der Kirchen von Lyon und Vienne bekannt, und sie sind es wahrscheinlich auch, die dieselben Kirchen dazu veranlassten, für Milde gegen die phrygischen Montanisten zu plädieren,(obwohl sie selbst gemäßigt in ihren Ansichten waren, und in keiner Weise montanistisch (The Catholic Encyclopedia [C.E.], Art. Montanists, Band X, S. 522 – 523). (Montanus und die Prophetinnen Maximilla und Prisca oder Priscilla äußerten, wahrscheinlich unter dem Einfluss des phrygischen Kultes der Kybele, ekstatische Prophezeiungen. Sie und ihre Anhänger wurden verurteilt).

 

Irenäus war Unitarier, wie auch Justin der Märtyrer und alle vor-nicänischen Apologeten. Er erklärte, dass die Kirche einen festen und beständigen Glauben habe, bzw. dass es nur einen Schöpfer der Welt gebe, nämlich Gott den Vater (ANF, Band 1, Against Heresies, Buch II, Kapitel IX, S. 369). Er brachte die Stellungnahme der Kirche wie folgt zum Ausdruck:

Vollkommene Gerechtigkeit wurde niemals durch irgendeine andere Rechtshandlung zuteil. Der Dekalog wurde jedoch nicht von Christus widerrufen; er ist immer noch gültig. Die Menschen wurden nie von den zehn Geboten entbunden (ANF, Band 1, Against Heresies, Buch IV, Kapitel XVI, S. 480).

 

Er zitiert Hesekiel (Ezek. 20:12) und Mose (Exodus 21:13), wo der Sabbat als Zeichen zwischen Gott und seinem Volk dargestellt wird. Der Sabbat wurde als Zeichen gegeben, welches auch symbolisch zu deuten ist. Der Sabbat lehrte, dass wir Tag für Tag ständig Gott dienen sollten. Der Sabbat rechtfertigte den Menschen nicht, aber er wurde dem Volk als Zeichen gegeben (ibd., S. 481).

 

Ignatius, Bischof von Antiochien zur Zeit Trajans (98 – 117AD), äußerte sich gegen den Hang zum Judaismus in seinem Gebiet. Das hartnäckige Festhalten an den jüdischen Sitten, wie der Einhaltung des Sabbats, wird von diesem Autor besonders erwähnt (Epistle to the Magnesians; siehe auch Bacchiocchi, S. 213). Man kann es sich deshalb kaum vorstellen, dass ein radikaler Bruch mit dem Sabbatismus schon stattgefunden haben sollte (ibd., S. 214). Ganz offensichtlich war Ignatius darauf bedacht, die traditionellen jüdischen Bräuche zu bekämpfen, die am Sabbat praktiziert wurden, obwohl der Sabbat ansich noch von beiden Parteien eingehalten wurde.

 

Justin der Märtyrer, der selber Unitarier war, erklärte den Begriff des Sonntagsgottesdienstes (ANF, Band 1, First Apology, LXVII, S. 185 – 186) und versuchte, seinen jüdischen Freund Trypho von der Richtigkeit dieses Brauchs zu überzeugen (z.B. siehe ANF, Band 1, Dialogue with Trypho, Kapitel XII, S. 200). Bacchiocchi (vielleicht die maßgebliche Autorität auf dem Gebiet des Übergangs vom Sabbatismus zur Einhaltung des Sonntagsgottesdienstes: From Sabbath to Sunday, Pontifical Gregorian University Press, Rom, 1977) befasst sich mit der Unterlassung Justins, frühere Beispiele zur Berechtigung des Brauches zu nennen. Justins Argumente setzen voraus, dass zu seiner Zeit die Einhaltung des Sonntags den Juden so wie den jüdischen Christen fremd war (S. 156). Epiphanius (ibd.) nimmt an, dass auch die Nazarener nicht den Sonntag einhielten. Die Nazarener, deren Existenz im vierten Jahrhundert von Hieronymus bezeugt wird, sind vermutlich direkte Nachkommen der Christengemeinde von Jerusalem, die nach Pella verzog (Bacchiocchi, ibd.).

 

Der Sinn des Sabbats wurde von den frühen Verfassern als ein geistiger verstanden, während es den Juden um das Konkrete, Physische des Sabbats ging. Das war der Kern der Debatte. Die völlige Beseitigung des Sabbats und seine Ersetzung mit dem Sonntag wäre wohl allen ein Greuel gewesen.

 

Die Kirche von Lyon vermittelte unter der Leitung des Irenäus bei dem quartodecimanischen Passah-Disput (Butler: Lives of the Saints, S. 196 – 197; auch die Passover-Referate). Er verbreitete das frühe Christentum in großen Teilen Galliens und gab den Formen des Gnostizismus, die sich da etabliert hatten, den Todesstoß. Lyon war zur Zeit des Pothinus und des Irenäus das Zentrum der gallischen Kirche und das Zentrum des Übergangs vom Sabbatismus zur Sonntagseinhaltung.

 

Der Bericht über die Verfolgungen in Lyon und Vienne erging in einem Brief an die Brüder in Smyrna. Dieser Brief wurde von Eusebios aufbewahrt (Hist. Eccl., V, I – iv). Vienne war von Lyon abhängig und wurde vielleicht von einem Diakon verwaltet (C.E., Art. Gaul, Christian, Band VI, S. 395).

 

Das Wachstum der Kirchen Galliens wurde in der Zeit zwischen 100 und 300 vermutlich von einer großen jüdischen Bevölkerung in der Gegend von Marseilles und Genua begünstigt (Gilbert: Atlas of Jewish History, Dorset Press, 1984, Karte 17). Diese Gemeinden hatten wiederum Kontakt zu den zahlreichen Juden in Ephesus und Smyrna. Die Bewegung von Marseilles aus die Rhone entlang bis nach Lyon, der Hauptstadt und dem Kommunikationszentrum des ganzen Landes, ist fraglos der jüdischen Teilnahme am Handel zu verdanken. Es waren wohl die Bedürfnisse dieser Gemeinschaften, die dazu führten, dass Pothinus und Irenäus von Polykarp in Smyrna nach Lyon geschickt wurden. Also wurde schon vor der 177 einsetzenden Verfolgung Mark Aurels eine Sabbatistenkirche in Lyon gegründet. Lyon war das Zentrum der Kirchen Galliens, als Irenäus Bischof wurde. Die Kirchen Galliens sandten einen Brief nach Rom, in dem sie über den quartodecimanischen Disput berichteten (Eusebios: Hist. Eccl., V, xxiii) und die asiatischen Bischöfe in Bezug auf die Einführung des Osterfestes unterstützten.

 

Gregor von Tours (Historia Francorum, I, xxviii) behauptete, dass Rom im Jahre 250 sieben Bischöfe entsandt habe, um Kirchen in Gallien zu gründen. Gatianus sollte die Kirche von Tours gegründet haben, Trophimus die von Arles, Paulus die von Narbonne, Saturninus die von Toulouse, Denis die von Paris, Stremonius (Austremonius) die von Auvergne (Clermont) und Martialis die von Limoges (Lejay: C.E., Art. Gaul, ibd.). Nach Lejay wird diese Behauptung von ernsthaften Historikern in Frage gestellt. Hier wird wahrscheinlich eher auf das Eingreifen Roms in die Angelegenheiten des Landes hingewiesen. Ungeachtet der Motive für diese Legende und auch der wahren Tatsachen, berichtet Cyprian, dass bis zur Mitte des dritten Jahrhunderts tatsächlich schon etliche Kirchen in Gallien bestanden. Sie litten wenig unter der großen Verfolgung. Es hat den Anschein, als wäre Constantius Chlorus, der Vater Konstantins, dem Christentum gegenüber nicht feindlich gesinnt gewesen. Es ist sicherlich dem Einfluss der Subordinationisten von Lyon zu verdanken, dass Konstantin sich weigerte, ein Athanasier (ein quasi-Trinitarier, später Katholik genannt) zu werden, und dass er vor seinem Tode als subordinationistischer Unitarier (oder sogenannter Eusebier oder Arianer) getauft wurde (C.E., ibd. Und auch diverse Artikel über Konstantin). Das Konzil von Arles lässt erkennen, dass zu dieser Zeit (ca. 314), als das Toleranzedikt in Mailand erlassen wurde, schon etliche Diözesen etabliert waren. Die Zahl der Signatare deutet auf die Zahl der Bischöfe hin, die damals noch existierten, und damit auch auf die Zahl der Bistümer: Vienne, Marseilles, Arles, Oranien, Vaison, Apt, Nizza, Lyon, Autun, Köln, Trier, Reims, Rouen, Bordeaux, Gabali und Eauze. Die Bistümer von Toulouse, Narbonne, Clermont, Bourges und Paris können auch hinzugezählt werden (C.E., ibd. S. 396).

 

Der Monastizismus fand keinen Eingang in die gallischen Kirchen, bis er von Martin (397), der Marmoutier in der Nähe von Tours gründete, und von Cassian (d.c. 435), der zwei Kirchen in Marseilles gründete (ca. 415), eingeführt wurde. Im Großen und Ganzen war das Christentum auf die Städte begrenzt und unter den gebildeteren und auch vielleicht mehr vom Judentum beeinflussten Kreisen verbreitet. Die Landbevölkerung bestand zum größten Teil aus Heiden, deren Weltbild von gallo-keltischem und römischem Aberglauben geprägt war. Die Bekehrung der Gothen, Wandalen, Sueven, Alanen, usw. zum Unitarianismus (fälschlicherweise Arianismus genannt) zu Beginn des vierten Jahrhunderts, bereitete den römisch-trinitarischen Ambitionen mit ihren Bestrebungen, den Sonntag zu heiligen, vorübergehend ein Ende. Die Bistümer Galliens fielen der Habgier der von Rom beeinflussten Aristokraten zum Opfer. Honoratus gründete ein Kloster auf der Insel Lérins (Lerinum). Von dort aus wurden die Bistümer übernommen und die sogenannten orthodoxen Graduierten in die verschiedenen Diözesen entsandt. Honoratus, Hilarius und Cæsarius wurden nach Arles gesandt, Eucherius nach Lyon und seine Söhne, Salonius und Veranius nach Genf und Venedig, Lupus nach Troyes, Maximus und Faustus nach Riez.

Lérins wurde auch eine Schule für Mystizismus und Theologie, und es verbreitete mit Hilfe von wertvollen Werken über Dogmatik, Polemik und Hagiographie seine religiösen Ideen (C.E., op. cit.).

 

Also führten die monastischen Schulen den Mystizismus in die schlichte Religion der frühen Kirchen Galliens ein. Dem Mystizismus wurde starker Widerstand geboten, und viele Priester waren verheiratet. Es war die Dynastie der Merowinger, die das römische System schließlich mit Gewalt einführte.

 

Bis 417, als Papst Zosimus den Bischof von Arles, Patrokles, zu seinem Vikar, bzw. seinem Gesandten in Gallien ernannte, waren alle Streitigkeiten an Mailand übergeben worden, wo der Kirchenrat die Sachen entschied oder schlichtete (C.E., S. 397). Hier erkennt man die Beziehung, die zwischen Mailand und den ausgebreiteten Gebieten der Sabbatarier oder Waldenser bestand. Die Kirchen Galliens diskutierten und stritten sich ständig über das Wesen Gottes. Sie waren auch stets subordinationistisch.

Die Kirche Galliens ging durch drei dogmatische Krisen. Ihre Bischöfe scheinen sich ganz auf den Arianismus konzentriert zu haben. In der Regel hielten sie sich an die Lehren Nicäas, obwohl es hin und wieder vorübergehende Abtrünnigkeit gab.

 

Das ist vielleicht eine Untertreibung. Die Sabbatarier waren schon seit der Zeit, als Pothinus und Irenäus über ein Jahrhundert vor der Verbreitung der Lehren des Arius die Kirchen gründeten, subordinationistische Unitarier. Der Sabbatismus hatte sich in Europa verbreitet. Hefele berichtet folgendes über das Konzil von Liftinæ in Belgien im Jahre 745:

Die dritte Rede dieses Konzils warnt gegen die Einhaltung des Sabbats und bezieht sich dabei auf das Dekret von Laodicea (Conciliengeshicte 3, 512, Abschnitt 362).

 

Die Sabbatheiligung wurde in Rom unter Gregor I (590 – 604) praktiziert. Gregor äußerte sich in einer Schrift gegen diesen Brauch (Ep. 1, Nicene and Post-Nicene Fathers (NPNF), zweite Serie, Band XIII, S. 13).

Gregor, Bischof durch Gottes Gnaden, an seine innig geliebten Söhne, die Bürger Roms: Es ist mir zu Ohren gekommen, dass gewisse Männer unter euch, die einem widernatürlichen Geiste dienen, verderbte Ideen verbreitet haben, die dem heiligen Glauben zuwider sind und es verbieten, dass man irgendetwas am Sabbat tue. Was sollen wir sie nennen, als Prediger des Antichristen (Epistles, B. 13:1)

 

Gregor äußerte sich gegen einen gewissen Teil der Stadt Rom, weil die Bürger dort den Sabbat einhielten. Er behauptete, dass der Antichrist, wenn er käme, den Samstag als Sabbat einhalten würde (ibd.).

 

Die Sabbatistenkirche in Asien

Die Kirchen in Kleinasien wurden als Paulizianer bezeichnet. Diese hatten sich dort über eine Zeitspanne von einigen Jahrhunderten entwickelt. C.A. Scott sagt folgendes über die Paulizianer:

[Sie waren] eine antikatholische Sekte, die im 7. Jahrhundert (möglicherweise früher) ihren Ursprung hatte und viele Schwankungen in der kaiserlichen Billigung erlebten, erbarmungslos verfolgt wurden, und doch bis ins 12. Jahrhundert ihren Einfluss geltend machten. Auch heute leben ihre Nachkommen noch in Osteuropa. Sie traten zuerst an den östlichen Grenzen des Kaiserreiches in Erscheinung, wo sie in Armenien, Mesopotamien und Nordsyrien beheimatet waren. Von dort aus verbreiteten sie sich, zum Teil durch Propaganda und zum Teil durch Abwanderung ihrer Anhänger, nach Westen über Kleinasien nach Osteuropa, wo sie im Balkan neue Zentren gründeten. Einige spezielle Vorstellungen, die man ihnen zugeschrieben hat, sind u.a. eine dualistische Sicht des Staates, wenn auch nicht des Ursprungs der Welt, eine adoptianistische Lehre über die Person Jesu, eine hartnäckige und leidenschaftliche Ablehnung des Marienkultes und jeglicher Anbetung von Heiligen und Heiligenbildern, eine ähnliche Ablehnung sakramentaler Symbolik und eine besondere Betonung der Erwachsenentaufe als der einzig Gültigen. Sie gründeten ihre Ideen ausschließlich auf die Heilige Schrift, die sie als alleinige und genügende Autorität anerkannten, nicht aber Traditionen oder die ‘Lehren der Kirche’ (ERE, Art. Paulicians, Band 9, S. 695).

 

Die Paulizianer vermehrten sich sehr unter Sergius Tychicus und wurden am häufigsten unter den robusten Bergbewohnern des Taurus angetroffen. Scott erklärt:

..… als Verteidiger des Kaiserreiches so wie als Opfer der kaiserlichen Verfolgung zeigten sie die größte Hartnäckigkeit und den größten Mut (ibd. S. 697)

 

Sie wurden von Constantinus Copronymus (741 – 775) beschützt und aufgefordert, sich in Thrakien anzusiedeln. Nicephorus (802 – 811) setzte sie zur Verteidigung des Reiches an dessen östlichen Grenzen ein. Michael und Leo V, dagegen, verfolgten sie erbarmungslos.

Aber die Paulizianer waren zu zahlreich, zu kriegerisch und zu gut organisiert, um sich mit Gewalt zur Orthodoxie zwingen zu lassen. Sie widersetzten sich, sie machten Aufruhr und schlugen zurück, indem sie von ihren Bergfestungen aus. Kleinasien plünderten. Nach zwanzig Jahren verhältnismäßigen Friedens wurden sie die Opfer erneuter, erbitterter Verfolgung unter Theodora (842 – 857), einer Verfolgung, welche sich unter Basilius zu einem Krieg der Vernichtung und Ausrottung entwickelte (Krumbacher, S. 1075). Die Paulizianer wurden schließlich von den Umständen gezwungen, bei den Sarazenen um Hilfe anzuklopfen. Mit ihrer Hilfe hielten sie unter der Leitung des Chrysocheir den kaiserlichen Truppen nicht nur erfolgreich stand, sondern trieben sie auch zurück und plünderten Kleinasien bis zu seinen westlichen Ufern aus (Scott, ibd.).

 

Hieraus erkennt man zwei Eigenschaften der Paulizianer. Erstens wussten sie mit Waffen umzugehen, und zweitens wurden sie von den Muslimen als eine in sich geschlossene Gruppe gesehen, die mit den trinitarischen Christen nichts zu tun hatte. Deshalb halfen sie ihnen und gewährten ihnen Schutz. Dieser Schutz war nicht auf Kleinasien beschränkt, sondern wurde auch in Spanien gespendet. Die Unterscheidung der zwei Gruppen wurde sogar im Koran festgelegt.

 

So wird das, was Christus im Buch der Offenbarung über die Gemeinde in Pergamon sagt verständlicher, wenn man es mit dieser Sekte identifiziert. Dort steht (Offenbarung 2:16): ‘Kehrt um! Sonst komme ich in Kürze über euch und werde gegen diese Leute [die der falschen Lehre folgen] mit dem Schwert aus meinem Munde Krieg führen.’

 

Scott schreibt, dass 970 eine zweite massive Deportation von Paulizianern von Armenien nach Thrakien stattfand. Sie wurde von Johann Tzimiskes veranlasst und durchgeführt (ibd.). Lateinische Kreuzfahrer fanden die Sekte im elften Jahrhundert in Syrien vor, und Lady Mary Montagu traf sie im achtzehnten Jahrhundert in der Nähe von Philippopolis an (Scott, op.cit.).

 

In Europa assimilierten sie das Gedankengut der Bogomilen oder vermischten sich mit ihnen (q.v.), und ihre Ansichten und Einflüsse wurden im gesamten Mittelalter von diversen antikatholischen Sekten verbreitet, z.B. den Katharern und den Albigensern, deren Verbundenheit mit den Paulizianern wahrscheinlich ist, obwohl schwer zu belegen. Ihr Name, wie ‘Manichäer’, wurde zu einer Art Gattungsbegriff für irgendeine dieser geistlichen Strömungen, die sich der Entwicklung der katholischen Hierarchie und Lehren widersetzte (Scott, ibd.).

 

Scott schreibt, dass es unmöglich sei, festzustellen, ob die Pope-licani, die Piphles von Flandern oder die Publicani, die 1160 in Oxford verdammt und gebrandmarkt wurden, direkte Nachkommen der Paulizianer waren, oder ob sie ihren Namen nur als Zeichen des Vorwurfs und des Protestes trugen. Scott meint, dass die Paulizianer am besten als ein Teil des ständigen Stromes antikatholischen und antihierarchischen Gedankengutes verstanden werden sollten, der fast durch die ganze Kirchengeschichte hindurch parallel zu den Strömungen der ‘orthodoxen’ Lehren und Organisationen lief (vgl. Krumbacher, S. 970: ‘Die Paulizianer setzten einer verweltlichten Reichsorthodoxie ein echt apostolisches Bibelchristentum entgegen.’).

 

F.C. Conybeare (The Key of Truth, Oxford, 1898) meint, sie seien Adoptianisten in ihrer Christologie gewesen. Sie hielten drei Sakramente, nämlich das der Beichte, das der Taufe und das des Leibes und Blutes Christi (siehe auch S. 124), erklärten die Säuglingstaufe für ungültig, leugneten die fortwährende Jungfräulichkeit Mariä, lehnten die Lehre des Fegefeuers und der Mittlerrolle der Heiligen ab und wandten sich gegen den Gebrauch von Bildern, Kreuzen und Weihrauch.

 

Also fand die Ausbreitung der Kirche von Kleinasien nach Europa über mehrere Jahrhunderte hin statt, und wie man aus dieser Darlegung ersehen kann, geschah sie durch mündliche Verkündung und durch Wanderung gewisser Völkergruppen. Verunglimpft wurden die Lehren dieser Gruppen von den Orthodoxen, die zum größten Teil die Geschichtsschreiber waren.

 

Die Osteuropäischen Sabbatarier

Es wird aus der Geschichte klar, dass die Arbeit der Sabbatistenkirchen in Europa noch keinen wirklichen Anfang nehmen konnte, bis die Arbeit der aus Smyrna stammenden Kirchen (die Smyrna-Epoche genannt) und der Kirchen der Paulizianer in Kleinasien (die Pergamos-Epoche genannt) abgeschlossen war. Ja, es ist auch klar, dass die Arbeit der gallischen Kirche in Smyrna ihren Anfang nahm und dass sie auch weiterhin bis nach dem Tode des Irenäus mit Smyrna in Verbindung blieb. Die Arbeit war jedoch unzusammenhängend und unkoordiniert, bis die Paulizianer nach Europa zogen.

 

Der sabbatistische christliche Glaube verbreitete sich mit den Paulizianern von Thrakien nach Albanien und Bulgarien. Im neunten Jahrhundert flammte der Streit um die Sabbateinhaltung in Bulgarien auf. Folgendes wird berichtet:

Die Bulgarier waren in der ersten Zeit ihrer Evangelisation gelehrt worden, dass am Sabbat keine Arbeit verrichtet werden durfte (Responsa Nicolai Papæ I und Con-Consulta Bulgarorum, Responsum 10, zitiert aus Mansi: Sacrorum Concilorum Nova et Amplissima Collectio, Band 15, S. 406; auch Hefele: Conciliengeshicte, Band 4, Abschnitt 478).

 

Bogaris, der damals herrschende Prinz  Bulgariens, schrieb wegen einer Reihe solcher Fragen bezüglich der Sabbatheiligung an Papst Nicholas I. In Antwort auf die Frage 6 bezüglich des Badens und der Arbeit am Sabbat, antwortete der Papst:

Frage 6 – Das Baden ist am Sabbat erlaubt. Frage 10 – Man sollte am Sonntag aufhören, zu arbeiten, nicht aber auch am Sabbat (Hefele, 4, 346 -352, Abschnitt 478).

 

Nicholas wurde von einer Gegensynode in Konstantinopel exkommuniziert. Photius, Patriarch von Konstantinopel, beschuldigte das Papsttum in folgender Weise:

Entgegen den Kirchenvorschriften überredeten sie die Bulgarier, am Sabbat zu fasten (Photius; Von Kard, Hergenrother, 1, 643).

 

Die Sabbatfrage wurde zum bitteren Streit zwischen den Griechen und den lateinischen Christen. Neale äußerte sich hierzu in Bezug auf die Spaltung im Jahre 1064 (A History of the Holy Eastern Church, Band 1, S. 731).

 

Die Athinger (oder Athingani) des neunten Jahrhunderts standen Kardinal Hergenrother zufolge in einer engen Beziehung zum Kaiser Michael II (821 – 829), und er erklärt, dass sie den Sabbat eingehalten hätten (Kirchengeschichte I, 527). Die Athingani waren eine Sekte in Phrygien, die von Timotheus von Konstantinopel in seiner Reception of Heretics (siehe ERE, Art. Sects, Band XI, S. 319B) auch Melchisedekiten genannt wurden. Whitley sagt hier:

Sie hielten den Sabbat ein. Da sie niemanden berührten, wurden sie allgemein Athingani genannt. Wenn man das liest, bekommt man den Eindruck, als hätten sie die jüdischen Reinheitsgesetze befolgt, aber es gibt zu wenig Information, als dass man ihren Ursprung und ihre Glaubenssätze zurückverfolgen könnte (ibd.).

 

Nach der Niederlage des Chrysocheir, Anführer der Paulizianer im neunten Jahrhundert, und der Zerstörung Tephrikes, ihrer Festung, waren sie dezimiert und die, welche übrigblieben, wurden zerstreut. Fortan lebten sie in vereinzelten Gemeinden in Armenien, in Kleinasien und besonders im Balkan. In der Mitte des neunten Jahrhunderts erlebten sie unter Smbat in Armenien einen erneuten Aufschwung. Smbat könnte, Conybeare zufolge, der Autor des ‘Schlüssel der Wahrheit’ (Key of Truth; siehe ERE, Art. Paulicians, Band IX, S. 697) sein. Ihr Zentrum war die Stadt Thondrak, daher bekamen sie den Namen ‘Thondrakier’.

Einen anderen Zweig derselben Wurzel kann man wahrscheinlich in der Sekte, die als ‘Athingani’ bekannt war, entdecken. Theophanes erwähnt sie in seiner Chronographia ( 413). Auch die ‘Selikianer’ gehörten dazu. Seinem Biographen zufolge soll der Patriarch Methodius einen gewissen Selix und seine Anhänger, die manichäischen Auffassungen huldigten, zum Orthodoxismus bekehrt haben. Die Ansichten der Manichäer stimmten genau mit denen überein, die im Cod. Scor. (ibd.) den Paulizianern zur Last gelegt werden.

 

Dann kam die zweite Deportation unter Johann Tzimiskes (970).

 

Hieraus kann man erkennen, dass alle diese Sekten miteinander verwandt waren und von den Trinitariern für ihre ketzerischen Lehren angegriffen wurden. Sie wurden in verschiedene Sekten mit verschiedenen Namen aufgeteilt und nach Möglichkeit überall verfolgt. Die Paulizianer waren auch Bilderstürmer, und das ist mit dem vereinbar, was wir über die Sabbatisten und die Katharer Europas wissen.

Die Paulizianer missbilligten immer den Brauch ihrer Gegner, das Kreuz anzubeten (Armenisch: Chazus). Daher scheint die Bezeichnung Chazitzarii (Staurolatrœ) sich nicht auf eine kleine Sekte zu beziehen, sondern auf die anerkannte Kirche Armeniens aus der Sicht der Paulizianer (Whitley: ERE, Art. Sects, S. 319).

 

In seinem Artikel über die griechisch-orthodoxe Kirche (ERE, Band VI, S. 427) bemerkt Troitsky, dass die Athingani dem Judaismus verwandt waren. Sie werden zu den Paulizianern zugeordnet, obwohl sie nicht unbedingt als solche bezeichnet werden. Troitsky scheint zu anzunehmen, dass der Glaube der Paulizianer einen mystischen Charakter hatte. Wir wissen jedoch aus den bestehenden Schriften, dass das nicht stimmt. Zweifellos hielten die Paulizianer und die Athingani, oder die Sekten Kleinasiens, den Sabbat ein und beachteten die alttestamentlichen Speisegesetze. Diese Bräuche brachten sie dann mit nach Europa.

 

Die Bogomilen

Eine der ersten Gruppen, die in Europa unmittelbar aus den Paulizianern hervorgingen, scheinen die Bogomilen (siehe oben) gewesen zu sein, die unter den Slaven, besonders den Bulgaren vorkamen (Powicke: ERE, Band 1, S. 784).

 

Die Bezeichnung ‘Bogomil’ ist möglicherweise von den Worten Bog Milui (Gott erbarme dich) oder von dem Wort Bogumil (Geliebte Gottes) abgeleitet. Andererseits erklären zwei frühe bulgarische Manuskripte, die einander bestätigen, dass ein gewisser ‘Papst’ Bogomile der erste Vertreter dieser Häresie unter dem bulgarischen Tsaren Peter (927 – 968) war. Demnach mag der Name auch von prominenten Vertretern der Sekte im zehnten Jahrhundert abgeleitet sein.

 

Die Bogomilen werden auch von N.A. Weber (C.E., Art. Bogomils, Band II, S. 612) als eine neumachinäische Sekte beschrieben. Es wird festgestellt, dass die Sekte im späteren Mittelalter in Konstantinopel und in den Staaten des Balkan vorkam. Die Bogomilen glaubten, dass beide, Gott und Satan, Schöpfermacht besaßen, aber beide dem Willen Gottes unterworfen waren. Die Bogomilen meinten, Gott der Vater habe ein menschliches Aussehen, sei aber nicht körperlicher Art. Unter den Söhnen Gottes waren Satanel (oder Azazel), der zur Rechten Gottes saß, und Jesus oder Michael. Satan verfügte über schöpferische Kräfte, rebellierte aber gegen Gott. Zusammen mit den Engeln, die ihm folgten, wurde er aus dem Himmel verbannt. Satan schuf nach dieser Mythe einen zweiten Himmel und eine zweite Erde und formte den Menschen aus Erde und Wasser. Er konnte dem Menschen jedoch keinen lebenden Geist geben. Also schenkte Gott dem Menschen auf seinen Wunsch das Leben. Bei der Verführung Evas verlor Satan seine schöpferische Kraft, behielt aber noch die Herrschaft des Planeten. Gott sandte einen zweiten Sohn, Jesus, der durch Maria menschliche Gestalt annahm. Fortan wurde Satanel nach den Taten Jesu geurteilt. Er verlor seinen heiligen Namen, d.h. der Rang, den das ‘el’ mit sich brachte, wurde ihm genommen. Fortan hieß er nur noch ‘Satan’.

 

Diese Geschichte wurde von den sogenannten ‘Feinden’ der Bogomilen, den Orthodoxen, aufgezeichnet und ist deshalb etwas verzerrt gegenüber der biblischen Struktur, die sie erklären soll. Ein Studium der Bibel kann jedoch einen Zusammenhang zwischen den Texten ergeben. Wenn das, was unten nach Powicke dargelegt ist, wahr ist, stimmen die Vorstellungen, zwar etwas verzerrt, mehr mit dem überein, was wir heute über die Kosmologie des ersten Jahrhunderts wissen.

 

Nach der Vorstellung der Bogomilen ist Gott der Vater das einzige Wesen, das im Himmel noch lebt. Beide, Christus und Satan, sind in ihm aufgenommen worden. So ist Gott alles in allem geworden. Diese Vorstellung wird vielleicht von den Orthodoxen auf simplistische Art widerlegt, weil sie nicht mit der Lehre der Seele übereinstimmt.

 

Die Behauptung Webers, dass die Bogomilen das Alte Testament, mit Ausnahme des Psalters und der prophetischen Bücher, ablehnten, stammt wohl von Euthymius (PG, Band cxxx; siehe auch Powicke, op. cit.), der 52 Glaubensgrundsätze aufzählt. Die wichtigsten werden wie folgt von Powicke aufgezählt und zusammengefasst:

 

1. Die Ablehnung der mosaischen Bücher

2. Die Geschichte Christi ist symbolisch für ein höheres Wissen.

3. Sie lehrten eine sabellische Vorstellung von der Gottheit, bei der alle drei Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes im Vater zusammengefasst waren. Zum Schluss, wenn alle drei Geister ihr Werk vollendet haben, fließen sie in den Vater zurück. (Die Vorstellung, dass alles in den Vater strömt, bezieht sich, nicht nur auf die Dreieinigkeit, sondern wird von Euthymius auch von dem Begriff der Einheit der himmlischen Heerscharen her verstanden.)

4. Die satanische Schöpfung erweiterte sich bis zu dem Gesetz, das die Sünde zeugte. Gott schritt in die Welt ein und sandte den Erzengel Michael als Logos, der Jesus Christus wurde.

5. Der Heilige Geist war nur in den Auserwählten gegenwärtig. Die Auserwählten wurden den Bogomilen gleichgestellt.

6. Die Auserwählten können nicht sterben.

7. Die Tempel der Kirche waren Tempel von Teufeln, die aus Zweckmäßigkeit die Gottesdienste dort erlaubten.

8. Sie sollen geglaubt haben, dass Johannes der Täufer ein Diener des jüdischen Gottes Satanel sei.

 

Die Behauptung, dass die Sekte die Wassertaufe ablehnte und nur die geistliche Taufe (mit Handauflegung) anerkannte, entspringt vielleicht dem Eindringen der Sekte in die monastischen Orden. Die Sekte leugnete die Lehre von der Transsubstantiation. Weber behauptete, dass die Sekte die Ehe ablehnte und das Essen von Fleisch verbot. Die Bogomilen bestanden mehrere Jahrhunderte lang als Klosterorden. Da ihre Schriften verbrannt wurden, kommt alles, was wir über sie wissen, wohl von Euthymius Zigabenus (nach 1118 gestorben). In Kapitel xxvii der Panoplia Dogmatike widerlegt er 24 ihrer als ketzerisch verschrieenen Lehren (unter 52 Überschriften; vgl. Powicke).

 

Weber meint, dass die Bogomilen sich aus den Euchiten (wahrscheinlich aus der dualistischen Art ihrer Lehren) entwickelt hätten. Sie wurden auch Messalianer genannt, die für ihre Askese bekannt waren. Diese Anomalie, von der nicht bekannt ist, wann sie entstanden ist, scheint sie klar von anderen Gruppen zu unterscheiden. Sie traten im zwölften Jahrhundert in den Vordergrund. Sie wurden zuerst um 1115 in Philippopolis (europäische Türkei) mit Namen erwähnt. (Beachten Sie die schon erwähnte ständige Besiedlung durch die Paulizianer.) Ihr Anführer, Basilius, ein Mönch und Arzt, der sich zwölf Apostel erwählt hatte, wurde 1111 von Alexius I überlistet, gefangengenommen und eingekerkert. Comnenus (1081 – 1118) verlangte die Widerrufung der Irrlehren. Einige der Gefangenen widerriefen und einige starben in Gefangenschaft (Weber, ibd.). Basilius wurde 1118 zum Tode verurteilt und 1119 verbrannt (Powicke). Im Jahre 1140 verordnete eine Synode von Konstantinopel die Zerstörung der Schriften der Messalianer. Um 1143 wurden zwei Bischöfe von Kappadozien abgesetzt, weil sie die Lehrsätze der Messalianer annahmen. Auch die Synoden von Konstantinopel in den Jahren 1316 und 1325 verdammten die Sekte. Dennoch hielten sich die Bogomilen bis zu der Eroberung des Balkans durch die Türken im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert (Weber, ibd.). Powicke zufolge (op. cit., S. 785) ist ihr Einfluss in den kleineren Gemeinden, in welche sie sich mit der Zeit verbreiteten, noch in viel späteren Zeiten sichtbar. Es scheint, als hätten die Lehren der Paulizianer nicht nur in den Gegenden existiert, in denen sie sich angesiedelt hatten, auch nicht nur unter den Slaven, die sie umgaben. Die Lehren wurden auch von manchen Klosterorden angenommen, wo sie von den Mönchen etwas verzerrt wurden, aber dennoch deutlich antikatholisch blieben. Die Lehren der Bogomilen, so wie sie dargestellt werden, unterschieden sich von denen der anderen Sekten, die von den Paulizianern abstammten, und auch von denen der Paulizianer selbst.

 

Es ist deshalb unwahr, zu behaupten, dass die Sekten, die allgemein unter den Klosterorden vorkamen, und die Bogomilen genannt wurden, tatsächlich die umfassende Gruppe dieses Namens waren, die sich unter den Slaven und in ganz Europa verbreitet hatte. Man kann eine etwaige Vorstellung von ihren Lehren bekommen, wenn man einen Vergleich zwischen den Paulizianern und den von ihnen beeinflussten europäischen Sekten anstellt.

 

Die Subordinationisten, bzw. die antitrinitarischen Sekten, waren über ganz Europa verbreitet. Die Sekten waren unter diversen Namen bekannt.

 

Die Waldenser

Lentolo war der frühste Geschichtsschreiber, der sich mit den Waldensern befasste, und er gilt heute als die größte Autorität auf dem Gebiet der Verfolgungen seiner Zeit. Sein Werk war jedoch so gut wie unbekannt, bis Comba 1897 auf ein Exemplar in der Berner Bibliothek aufmerksam machte (W.F. Adeney: Art. Waldenses, ERE, Band 12, S. 669).

 

Also muss das Werk Mustons, L’Israel des Alpes (Paris, 1851, oder englische Übersetzung und Neudruck: Israel of the Alps, NY, 1978), in Beziehung zu diesem maßgebenden Werk betrachtet werden. Die römisch-katholische Kirche behauptet, dass die Waldenser lediglich Anhänger des Petrus Waldes von Lyon gewesen seien. Die französiche Form des Namens ist Valdes, die lateinische Valdesius, Valdenius oder Gualdensis, und die italienische Waldes. Den Berichten zufolge soll Petrus Waldes sich im Jahre 1173 bekehrt haben. Die Waldenser selber leugnen diese Behauptung und meinen, sie sei nur aufgestellt worden, um sie effektiv als Protestanten darzustellen. Sie glauben im Gegenteil ihre Vorfahren zu den ersten Christen zurückverfolgen zu können.

 

Die frühste schriftliche Aufzeichnung dieses Anspruchs finden wir 1316 bei einem dominikanischen Mönch in Passau (Contra Valdense in Maxima Bibliotheca veterum Patrum, Lyon, 1677 – 1707, xxv, 262 ff.). Er schreibt, dass die Waldenser behauptet hätten, schon zur Zeit der Väter (duravit a tempore patrum) bestanden zu haben. Das nächste Mal wird dieser Anspruch 1530 in einem Brief des Barbe Morel an Oecolampadius aufgestellt (A. Scultetus: Annalium Evangeli .... decades duo, Genf, 1618, S. 295, 306). Der Text wurde von Robert Olivetan bearbeitet und 1535 als Vorwort zu seiner Bibelübersetzung herausgegeben. So ehrten die Protestanten die Waldenser als die eine Kirche, die den Glauben des Neuen Testaments rein bewahrt hatte. Sie nannten ihre Geistlichen Barbe oder Onkel. Dabei beriefen sie sich auf die Bibelstelle in Matthäus 23:9 – 10, wo es verboten wird, irgendjemanden Vater, Lehrer oder Meister zu nennen. Der Titel Vater war ein Rang des Mithras-Systems und war den Christen verboten (siehe z.B. C.K. Barrett: The New Testament Background: Selected Documents, rev. ed., SPCK, London, 1987, S. 133). Man weiß nicht, wie die Sekte unverändert in die alpinen Täler kam. Deshalb musste eine zweite Theorie entwickelt werden, die die Existenz dieser Sekte hier erklären konnte. Nach einer solchen Theorie entstand sie in Rom zur Zeit des Bischofs Sylvester. Sylvester soll, nachdem er Konstantin getauft hatte, die Kirche unter die Macht des Kaisers gestellt haben. Daraufhin soll ein Bischof aus der Kirche ausgetreten und ins Vaudois-Tal ausgewandert sein. Dort soll er die Sekte der Waldenser gegründet haben. Allerdings wissen wir, dass das nicht stimmt, denn Konstantin wurde von Eusebios von Nikodemia als Unitarier (fälschlicherweise als Eusebier oder Arianer bezeichnet) getauft. Es ist jedoch möglich, dass die arianischen Gothen, die schon seit ca. 351 eine gothische Bibel besaßen, die Bewohner dieser Gegend beeinflusst haben könnten. Aber in Wirklichkeit hatte die Sekte ihren Ursprung der Kirche von Lyon unter Irenäus und seinen Nachfolgern zu verdanken, wie schon früher auseinandergesetzt wurde. Die Anfänge dieser Einflüsse sieht man schon im achten Jahrhundert zur Zeit Claudes, des Bischofs von Turin unter den Kaisern Karl dem Großen und Ludwig dem Frommem. Claude führte die augustinische Lehre der Prädestination wieder ein, ignorierte aber seine Ideen über den hohen Stand der Kirche,

nach welchem die Kirche als Mittler zwischen Gott und Mensch eingesetzt wurde, der Anspruch des Papstes aber abgelehnt und die Behauptung, St. Petrus habe die Macht erhalten, zu binden und zu lösen, geleugnet wurde. Er ließ Kreuze und Bildnisse aus seinen Kirchen entfernen und deutete so schon auf die Reformation hin (Adeney, ibd.).

 

Es wird angenommen, dass die Kirchen des Vaudois-Tales in Claudes Diözese mit eingeschlossen waren. Daraus schlossen Leger, Muston und andere Waldenser, dass sie, wenn sie ihre Ursprünge schon nicht auf die Zeiten der Apostel zurückführen könnten, sich doch immerhin auf Claude berufen könnten. Aber es gibt keinerlei Beweise für ihre Existenz als größere Kirche, auch nicht Jahrhunderte nach Claude. Adeney zufolge (S. 665) fußt die Behauptung Mustons (ibd., Paris, S. xxxii, n. 2), dass Urban II im Jahre 1096 das Vaudois-Tal als von Ketzerei durchzogen beschrieben habe, auf einem Irrtum, da diese Menschen in keiner der päpstlichen Bullen erwähnt werden (vgl. Comba, S. 154). Forschungen ergeben jedoch, dass die Ausbreitung der Lehren von den Athanasiern untertrieben wird. Eine Tatsache ist, dass eine unitarische Kirche schon jahrhundertelang dort bestanden hatte.

 

Adeney zufolge erkannten sie weder den Ablass, noch das Fegefeuer, noch die Totenmesse an und leugneten die Wirksamkeit der Sakramente, die von unwürdigen Priestern gespendet wurden (S. 666). Er gibt jedoch zu, dass die vollständigen Lehren der Waldenser noch nicht klar ermittelt sind. Die buchstäbliche Deutung der Lehren Christi, wie sie in den Evangelien geschrieben stehen, und ihre genaue Anwendung war ihr Hauptthema, und auch das wichtigste Anliegen des Petrus Waldes, des Mannes, dem, Adeney zufolge, die Waldenser ihren Namen zu verdanken hatten. Waldes starb 1217 in Böhmen. Nach Adeney wuchs die Kirche der Waldenser aus einer Verschmelzung der Lehren des Waldes und der Bettelmönche von Lyon mit den Bewegungen des Arnold von Brescia, des Petrus von Bruys und des ‘Heinrich von Cluny’ (ibd.). Waldes fügte also sein System denen der schon im Vaudois und anderswo existierenden Gruppen hinzu und gab ihnen so eine neue Dynamik. Die Bewegung des Petrus von Bruys (die Petrobrusianer genannt) wird nur in einer Abhandlung beschrieben, die Peter der Ehrwürdige gegen sie schrieb, als auch in einer Schrift von Abelard. Die information ist also nicht ganz zuverlässig. Petrus begann etwa 1117 - 1120 seine Predigten in den Diözesen von Embrun, Die und Gap. Er war ein Bilderstürmer, der Kreuze verbrannte. Er wurde etwa zwanzig Jahre später in St. Gilles in der Nähe von Nimes als Ketzer verbrannt. Er gewann in Narbonne, Toulouse und Gascogne Anhänger. Der cluniazensische Mönch, Heinrich von Lausanne, soll die petrobrusianische Lehre um 1135, nachdem Petrus von Bruys als Märtyrer hingerichtet worden war, übernommen und verändert haben. Die Lehre verkündete unter anderem die Erwachsenentaufe und eine ungleiche Bedeutung der neutestamentlichen Schriften, d.h. die Unterordnung der Epistel unter die Evangelien und die Verwerfung des Alten Testamentes. Es ist allerdings schwierig, ein absoluter Bilderstürmer zu sein, und trotzdem das Alte Testament zu verwerfen. Beide Testamente spielen also in dem Gedankengut der Bilderstürmer eine Rolle.

 

Sie sollen auch die Messe und die Eucharistie abgelehnt haben, weil sie das Opfer nicht für wiederholbar hielten. Sie meinten auch, dass der Kern der Kirche die Gemeinde sei, nicht die Kirchengebäude. Deshalb wollten sie die Kirchen zerstören. Allerdings stammen diese Behauptungen über die Sekte von ihren Gegnern. Die Aufzeichnungen im Catholic Encyclopedia stammen von N.A. Weber (Art. Petrobrusians, Band II, S. 781), dem Verfasser des Artikels Waldensians. Die Ideen, die in dieser Gegend vorkamen, sollen gewissermaßen in der Luft gelegen haben. ERE (Art. Paulicians und Waldenses) bemerkt jedoch, dass es allgemein eine Verbreitung von Gedankengut vom Osten aus durch Europa gab. Wir haben gesehen, dass die Paulizianer, die nach Thrakien umsiedelten, in besonderer Weise zu dieser Verbreitung beitrugen. Die abtrünnigen Kirchen suchten zweifellos die Verbindung zu Sympathisanten im Westen.

 

Die waldensichen Sabbatarier

Die Waldenser sollen sich den Namen Insabathas oder Insabbatati zugezogen haben, weil sie keinen Ruhetag einhielten, außer dem Sabbat. Der Name Insabathas bedeutete gerade, dass sie den Sabbat nicht heiligten, und sie wurden deshalb so genannt, weil sie den Sonntag nicht einhielten (Luther’s Fore-runners, S. 7 – 8; falsch angeführt; siehe auch Gui: Manuel d’ Inquisiteur). Die Waldenser bekamen ihren Namen nicht von Petrus Waldes. Das Gegenteil ist eher wahr. Katholische Historiker wollen den Eindruck erwecken, dass die Waldenser später erschienen seien. Sie wollen damit beweisen, dass die katholische Kirche die apostolische Autorität besitzt, während alle anderen Kirchen nur Ausläufer sind.

 

Diese Propaganda wurde von manchen protestantische Kirchen aufgrund der frühen Geschichte der subordinationistischen und sabbatistischen Waldenser geglaubt. Peter Allix sagt hierzu:

Es ist nicht wahr, dass Waldes den Bewohnern der Täler seinen Namen gab: Sie wurden schon vor seiner Zeit Waldenser oder Vaudes genannt, und zwar nach den Tälern, in denen sie wohnten (Ancient Church of Piemont, Oxford, 1821, S. 182).

 

Allix fährt fort:

Einige Protestanten fielen bei dieser Gelegenheit in die Falle, die ihnen gestellt worden war …. Es ist absolut falsch, zu behaupten, dass diese Kirchen jemals von Petrus Waldes gegründet worden seien …. Es ist reine Fälschung (ibd., S. 192).

 

William Jones erklärt in History of the Christian Church, Band 2, S. 2, dass er

Valdus oder Waldes hieß, weil er seine religiösen Ideen von den Bewohnern der Täler bekam.

 

Wenn man die Fakten in den Schriften der katholischen Apologeten, wie N.A. Weber, untersucht, findet man keine Beweise, außer der Tatsache, dass zwei der Barbe (Onkel oder Älteste) der Waldenser Vallenses genannt wurden, und zwar erstens von Raymond von Daventry in seiner aburteilenden Schrift des Jahres 1179, und zweitens von Bernard von Fontcaude, der den Namen im Titel seiner Schrift des Jahres 1180 benutzt (Adversus Vallenses et Arianos). Adeney erwähnt das in seinem Werk, aber Weber nicht. Es wird behauptet, dass der Begriff Vallenses um diese Zeit von Waldes abgeleitet wurde. Das ist aber in keinster Weise bewiesen, da der Name sich auf die Täler bezieht, nicht auf Waldes. Deshalb kann die Behauptung, die von Weber und scheinbar auch von Adeney aufgestellt wird, als Mutmaßung abgetan werden.

 

Nach dem, was wir uns über die Bewegungen der Sektierer zusammenreimen können, will es scheinen, als sei die Umorganisation in Mailand auf die Zuwanderung der Sabbatarier aus Österreich und dem Nordosten zurückzuführen. Also schwächt die Tatsache, dass in Mailand eine Hochschule mit starken Verbindungen zu Österreich gegründet wurde, das Argument, dass Waldes die Schule gegründet haben könnte. Blair sagt in seinem Werk, History of the Waldenses (Band 1, S. 220):

Unter den Dokumenten haben wir eine Erklärung der zehn Gebote von denselben Menschen. Diese Erklärung stammt, Boyer zufolge, aus dem Jahre 1120. Sie empfiehlt dringend die Heiligung des Sabbats durch Ruhen von aller weltlichen Arbeit.

 

Also waren die Waldenser schon lange bevor Waldes erschien, sabbatistische, subordinationistische Unitarier. Dugger und Dodd (A History of the True Religion, 3rd. ed., Jerusalem, 1972, S. 224 ff.) sagen dazu:

Benedikt sagt in seiner Geschichte der Baptisten folgendes über die Waldenser: ‘Wir haben schon erwähnt, dass, dem papistischen Erzbischof Claudius Seyessel zufolge, ein gewisser Leo dessen beschuldigt wurde, dass er in den Tagen Konstantins des Großen der Urheber der waldensischen Ketzerei in den Tälern gewesen sei. Als jene harten Maßnahmen vom Kaiser Honorius gegen die Wiedertäufer (Anabaptisten) getroffen wurden, verließen sie Überfluss und Macht und zogen sich aufs Land zurück, und in die Täler Piedmonts (Italien), welche in besonderer Weise ihre Zuflucht gegen die kaiserliche Unterdrückung wurde.’

Rainer Sacho, ein römisch-katholischer Autor, sagt folgendes über die Waldenser: ‘Es gibt keine Sekte, die so gefährlich ist, wie die Leonisten, und zwar aus drei Gründen: Erstens ist sie die älteste Sekte; einige sagen, sie sei so alt wie Sylvester, andere sagen, sie sei so alt wie die Apostel selber. Zweitens ist sie sehr weit verbreitet. Es gibt kein Land, in dem sie noch nicht Fuß gefasst hat. Drittens, wo andere Sekten profan und gotteslästerlich sind, geben diese stets den Eindruck äußerster Frömmigkeit. Sie leben gerecht vor den Menschen und glauben über Gott nichts als Gutes.’

Sacho gibt zu, dass sie schon mindestens fünfhundert Jahre vor Waldes bestanden hätten. Ihr Alter wird auch von Gretzer anerkannt. Dieser war Jesuit und äußerte sich in seinen Schriften gegen sie. Crantz schreibt in seinem Werk History of the United Brethren die folgenden Worte über die Christen dieser Art:

Diese alten Christen verfolgen ihren Ursprung zurück ins frühe vierte Jahrhundert, als ein gewisser Leo unter Konstantin dem Großen sich in seiner Religion den Neuerungen Sylvesters, des Bischofs von Rom, widersetzte …….’

 

Nach Allix:

Die Reformatoren meinten, dass die waldensische Kirche um etwa 120 n. Chr. entstanden sei. Danach hätten sie die Lehren, die sie von den Aposteln empfangen hätten, von Generation zu Generation weitergereicht. Die lateinische Bibel, die Itala, wurde nicht später als 157 n. Chr. aus dem Griechischen übersetzt. Wir verdanken Beza, dem bekannten Mitarbeiter Calvins, die Aussage, dass die italische Kirche auf das Jahr 120 n. Chr. zurückgeht (Allix: Churches of Piemont, 1690, S. 177; und Wilkinson: Our Authorised Bible Vindicated, S. 35; und Scriveners Introduction, Band II, S. 43; vgl. auch Dugger und Dodd: A History of the True Religion, S. 224 – 225).

 

Die Gründung im Jahre 120 stimmt mit der Sendung der Jünger des Polykarp aus Smyrna und Ephesos überein. Wir haben uns schon mit der Verfolgung der Kirche zu Lyon um 177 unter Mark Aurel befasst, und auch mit dem Martyrium des Photinus, eines Jüngers des Polykarp, und dem Fluss der Information zurück nach Smyrna. Die Kirchen in Gallien standen Jahrhundertelang, bis zum Eingreifen des Papstes, unter der Herrschaft des Kirchenrates in Mailand.

 

Dugger und Dodd bemerken auch (S. 226):

Atto, Bischof von Vireulli, hatte sich schon vor achtzig Jahren über solche Leute beschwert [vor dem Jahre 1026 n.Chr.], und andere hatten es auch vor ihm getan, und es bestehen die besten Gründe, anzunehmen, dass sie schon immer in Italien bestanden hatten (vgl. Jones: Church History, S. 218).

 

Also ist die Gründung einer waldensischen Schule in Mailand eine natürliche Erweiterung dieser Glaubensrichtung. Dugger und Dodd zitieren ferner aus Mosheim:

In der Lombardei, welche der Hauptsitz der italienischen Ketzer war, entsprang eine einmalige Sekte, die aus mir unbekannten Gründen unter dem Namen Passaginier bekannt waren …… Wie die anderen Sekten, die schon erwähnt wurden, hatten sie eine sehr starke Abneigung gegen die Disziplin und Herrschaft der Kirche Roms; aber sie unterschieden sich auch durch zwei religiöse Lehrsätze, welche ihnen eigen waren.

Der erste beinhaltete den Glauben, dass alle Gesetze Moses, außer dem Darbringen von Opfern, für Christen verbindlich seien. Daraus ergab sich, dass sie …… allem Fleisch entsagten, das unter dem Gesetz Moses verboten war, und dass sie den jüdischen Sabbath feierten. Der zweite Lehrsatz, durch den sich diese Sekte unterschied, erklärte einen Widerstand gegen die Lehre der drei Personen in der Natur des Heiligen Gottes (Eccl. Hist., Cent 12, Teil 2, Kapitel 5, Sec. 14, S. 127; zitiert nach Dugger und Dodd; Betonung beibehalten).

 

Dugger und Dodd schreiben weiter:

Dass die Katharer den alten Sabbat beibehielten und einhielten, wird von ihren römischen Gegnern bestätigt. Dr. Allix zitiert einen römisch-katholischen Autoren des zwölften Jahrhunderts in Bezug auf drei Arten der Ketzerei – die Katharer, die Passiginier und die Arnoldisten. Allix sagt folgendes über diesen römischen Verfasser:

Einer ihrer Grundsätze ist auch, dass das Gesetz Moses nach dem Buchstaben gehalten werden müsse, und dass die Einhaltung des Sabbats und andere Gesetze erfüllt werden sollten. Sie glauben auch, dass Christus, der Sohn Gottes, dem Vater nicht gleich sei, und dass der Vater, Sohn und Heilige Geist, diese drei ….. nicht ein Gott und eine Substanz seien; und zusätzlich zu diesen Irrlehren, verurteilen sie alle Doktoren der Kirche und allgemein die ganze römische Kirche …. (Eccl. Hist. of the Ancient Churches of Piemont, S. 168 -169; vgl. Dugger und Dodd, S. 227 – 228).

 

Hier sieht man, dass die Katharer, die Waldenser und die Passiginier Abzweigungen derselben Gruppe waren. Es konnte zwischen ihnen differenziert werden, da sie keine hierarchische Kirche waren. Sie organisierten sich nach alttestamentlichen Grundsätzen, und das ist ein Grund, weshalb sie nie vollkommen ausgerottet wurden. Ein sehr wichtiger Aspekt ihres Glaubens war, dass sie Subordinationisten und entschieden auch Unitarier waren. Also waren die ursprünglichen Kirchen Europas weder ditheistisch/binitarisch noch trinitarisch, sondern unitarisch.

 

Dugger und Dodd (S. 228 – 229) bemerken auch, dass sie noch einen zusätzlichen Namen hatten, nämlich Paterinen. In Liman, wo dieser Name zuerst gebraucht wurde, bedeutete er vermutlich ‘gewöhnlich’ oder ‘vulgär, ordinär’ und wurde für die Menschen der niederen Gesellschaftsschichten gebraucht, Menschen, die ihr Einkommen aus körperlicher Arbeit bezogen. Dugger und Dodd meinen, Gazari sei eine Korrumpierung von Kathari, oder Puritaner. Es gibt jedoch auch eine andere Deutung. Dugger und Dodd ziehen nicht die Frage des Einflusses der Khazari in Betracht. Diese Frage wird unten erläutert.

 

Es besteht kein Zweifel, dass die Waldenser zur Zeit des Konzils von Lateran und gerade vorher um 1179 eine subordinationistische Sekte waren, was nicht einmal von Weber erwähnt wird. Ihre zwei Barbes, Olivier und Sicard, hatten zwischen 1175 und 1176 einen Disput mit dem Bischof Montperoux, und zwei oder drei Jahre später schickte Papst Alexander III den Kardinal von St. Chrysogone, Heinrich von Citeaux, und Reginald, den Bischof von Bath, der gerade in Begleitung des Mönches Walter Mapes und des Priesters Raymond von Daventry zu dem Konzil von Lateran unterwegs war, nach Toulouse, um diesen Disput zu untersuchen. Zwei Barbes der Waldenser, Bernard von Raymond und Raymond von Baimiac, kamen mit sicherem Geleit dorthin, um von Johann von Bellesmains, dem Bischof von Poitiers, verhört zu werden. Dann reisten sie weiter nach Narbonne, um von Bernard von Fontcaude, unter der Aufsicht des englischen Priesters Raymond von Daventry, verhört zu werden. Es war dieser Priester, Raymond von Daventry, der zum erstenmal den Namen Vallenses (Waldenser) benutzte. Also wurden sie von ihren Inquisitoren nach einem ihrer Führer genannt. Die zwei Barbes wurden 1179 von Raymond von Daventry als Ketzer verurteilt. Raymond reiste dann weiter nach Lateran zum Konzil. Es ist seit Jahrhunderten gebräuchlich gewesen, Sekten nach ihren Leitern zu nennen. Leider erzeugt das leicht falsche Eindrücke in Bezug auf die Gedankengänge und die Gruppierungen, die sie vertreten.

 

Im Jahre 1180 schrieb Bernard von Fontcaude das Buch mit dem Titel Adversus Vallenses et Arianos (siehe Gay: Hist. des Vaudois, S. 16, n.1, und auch Adeney, ibd. S. 667). Adeney sagt:

Es scheint, als sei diese Diskussion aus der Vereinigung der Petrobusianer und der Henrikianer (Henricians) mit den Bettelmönchen von Lyon in der Provence hervorgegangen. Um etwa die gleiche Zeit verbanden sich Waldes’ Anhänger mit den Arnoldisten in der Lombardei. So wurden die Waldenser Italiens und Frankreichs vereint, und dieser Bund wurde durch Verfolgung gefestigt. Eine Exkommunikation bei dem Konzil von Verona trieb die letzten Anhänger Waldes’ aus Lyon und veranlasste sie, in die Provence, nach Dauphine und in die Täler von Piemont in der Lombardei und sogar nach Deutschland zu flüchten. Sie waren so zahlreich geworden, dass Innozenz III seine besten Legaten in den Jahren 1198, 1201 und 1203 sandte, um sie zu unterdrücken.

 

Es besteht jedoch kein Zweifel, dass wir es hier mit einer subordinationistischen, unitarischen Lehre zu tun haben, welche als Arianismus klassifiziert wurde. In der Unterdrückung von 1203 gehörten ein spanischer Bischof und Dominikus (der spätere Heilige und Gründer des Dominikanerordens) zu den Legaten, die mit den Benediktinern an der Inquisition teilnahmen. Sie führten eine Reihe von Disputen , die bis 1207 dauerten, als der Legat Peter von Chateauxneuf umgebracht wurde. Zwei Jahre später erklärte der Papst den Krieg. Adeney erwähnt nur einen Krieg, aber es waren in Wirklichkeit die Albigenserkriege, die sich auch gegen die Waldenser wendeten. Im Jahre 1210 befahl der Kaiser Otto dem Erzbischof von Turin, die Waldenser aus seiner Diözese auszutreiben, und 1220 verboten die Statuten von Pignerole allen Bürgern, sie zu beherbergen. Einige flohen nach Picardy, doch Philipp Augustus trieb sie weiter nach Flandern. Einige kamen nach Mayence und Bingen, wo 50 im Jahre 1232 verbrannt wurden (Adeney, ibd.).

Sie wurden schon früh in Spanien gesehen, von der Kirche verdammt und von drei Königen bedrängt (Adeney, ibd.).

 

Diese Epoche umfasst die Inquisition und die Albigenserkriege, welche bis nach Spanien hineinreichten (siehe unten). Diese Menschen waren eine Zusammenwürfelung von diversen christlichen Gruppen. Mindestens ein Teil dieser Gruppen schienen nicht nur den Sabbat einzuhalten, sondern wurden auch dafür verfolgt, dass sie die biblischen heiligen Tage feierten. Das muss aus den Edikten, die sich auf sie beziehen, abgeleitet werden, da von ihnen selber nur Geständnisse erhalten geblieben sind, die sie unter Folterung ablegten. Deshalb sind die Berichte nicht immer zuverlässig. Es gibt jedoch klare Zeugnisse von einigen Kirchen, z.B. in Ungarn. Es ist wichtig, zu bedenken, dass die obengenannten Kriege die Albigenserkriege waren, welche bis 1244 dauerten und von den grausamsten Verfolgungen und Unterdrückungen gekennzeichnet waren. Die Machthaber hetzten die Bevölkerung zu extremem Hass gegen die sogenannten Ketzer oder Häretiker auf und ließen sie der Inquisition ausliefern (siehe C.Roth: Spanish Inquisition, S. 35 – 36 für alle Kommentare). Die weite Verbreitung der Waldenser während dieser Epoche deutet darauf hin, dass wir es mit allen Gruppen zu tun haben, auch den Albigensern. Die Waldenser verstanden die Bibel wörtlich und waren Subordinationisten, die fälschlicherweise als Arianer bezeichnet wurden.

 

Die Nicht-Trinitarier Spaniens wurden wegen ihrer Bräuche mit den Juden identifiziert, obwohl die Christen in der späteren Zeit der Inquisition, nach dem Edikt des Andres de Palacio um 1519, ganz zerstreut wurden oder ganz in den Untergrund gingen (das Edikt bei Roth, S. 77). Woanders in Italien wurden die Waldenser nach der Reformation scheinbar Trinitarier. Die spätere Geschichte, die von Protestanten geschrieben wurde, und etwas selbstrechtfertigend wirkt, scheint die frühere Tradition des Biblizismus zu leugnen.

 

Um 1237 sandte Papst Gregor IX

eine Bulle an den Bischof von Tarragona, welche zur Folge hatte, dass fünfzehn der Ketzer verbrannt wurden. König Ferdinand warf selbst Holz auf das Feuer. Im Laufe der Zeit wurden diese spanischen Waldenser ausgerottet (Adeney, ibd.).

 

Die Waldenser waren auch in Deutschland weit verbreitet. Von dort aus sandten sie Kandidaten zum Theologiestudium an die waldensische Hochschule in Mailand. Der Leiter der Schule war Johann von Ronco, der trotz Waldes’ Missbilligung auf Lebenszeit angestellt wurde.

 

Diese Meinungsverschiedenheit verursachte die Spaltung zwischen der französischen Gruppe einerseits und den italienischen und deutschen Gruppen andererseits. Die Lombarden stellten ihren eigenen ‘obersten Pastor’ (Proepositus) an. Er und alle Pastoren wurden auf Lebenszeit angestellt. Waldes und die französichen Waldenser wählten mit Waldes’ Befugnis jährlich Leiter, die des Herrn Abendmahl austeilten und als Pastoren dienten. Daraus können wir schließen, dass wir es mit einer Gruppe zu tun haben, die im dreizehnten Jahrhudert jährlich das Abendmahl feierte. Die Behauptung, dass sie zu dieser Zeit den Sonntag heiligten, ist nicht belegbar.

 

Das historische Bild wird recht verwirrend, wenn man bedenkt, dass die Albigenser sich in den nördlichen, französischen Alpen aufhielten, während die Waldenser die südlichen, italienischen Alpen bewohnten. Wenn man die oben genannte Spaltung in Betracht zieht, wird einem klar, dass es nicht auszuschließen ist, dass die Namen, die die katholischen Inquisitoren den verschiedenen Gruppen gaben, die Vorstellung, die man sich von diesen Sekten bildete, beeinflusst haben. Die spanischen Edikte lassen jedoch schließen, dass wir es jedes Mal mit derselben Sekte zu tun haben. Die spätere Spaltung wird die Situation wiederum verändert haben, als die Sekte protestantisch-trinitarisch wurde. Dem Inquisitor von Passau zufolge hatte Böhmen 40 Jahre nach Waldes’ Tod 42 sogenannte Ketzernester (Adeney, op. cit.). König Ottokar begann die Verfolgung, die um 1335 unter Papst Benedikt XII ihren Höhepunkt erreichte. Das Erscheinen der Hussiten hatte die Verschmelzung einiger Mitglieder der zwei Gruppen (Taboriten genannt) zur Folge. Adeney zufolge war der bekannteste unter diesen der Barbe Friedrich Reiser. Nach 25 Jahren unter den Waldensern Böhmens und Österreichs wurde er 1458 in Straßburg verbrannt.

 

Es gab also mindestens vier Gruppen, die in etwa acht Ländern lebten. Einige wurden mit der Zeit in die Protestanten integriert. Es gab im dreizehnten Jahrhundert auch in Österreich Subordinationisten oder Unitarier. Der Inquisitor von Krems denunzierte im Jahre 1315   36 ihrer Stützpunkte und verbrannte 130 Märtyrer. Der Bischof  von Neumeister wurde als einer dieser Ketzer in Wien verbrannt. Er soll erklärt haben, dass es 80 000 Waldenser in dem Herzogtum von Österreich gegeben habe. Gegen Ende des vierzehnten Jahrhunderts fand auch eine furchtbare Verfolgung in der Steiermark statt. Von Österreich aus wurde gezielt in Italien Mission getrieben. Die Missionare wanderten als Hausierer nach Italien (Adeney, ibd.). Wie wir schon gesehen haben, hatten die Waldenser eine Hochschule in Mailand, als Waldes noch lebte. Daher ist es schwierig, mit Bestimmtheit festzustellen, ob die österreichischen Subordinationisten Waldenser waren, da die Evangelisierung von Österreich aus in Italien geschah. Der Bischof gehörte wahrscheinlich eher zu der Gruppe, die später als waldensisch bezeichnet wurde. Die Mitglieder dieser Gruppe wurden auch als Sabbatati, und später als Insabbatati bezeichnet. Dieser Name sollte von den hölzernen Sabots oder Schuhen abgeleitet sein, die sie trugen. Er ist aber wahrscheinlich eine Korrumpierung ihrer Ansichten über den Sabbat, die dann gleichzeitig ein Wortspiel ergab. Das entwickelte sich weiter in die Bezeichnungen Sabotiers, und noch später Sandaliati. Weber (C.E., Art. Waldenses, Band XV, S. 528) trifft keine linguistische Unterscheidung zwischen den Wörtern und verwechselt sie beim Gebrauch, um seine Position zu bestärken. Er ignoriert auch die Information, die von Adeney angeführt ist ganz und gar und behauptet, dass die Sekte auf Waldes zurückzuführen ist. Es ist möglich, dass Adeney über mehr Information verfügte, aber eine einseitige Ausrichtung ist in Webers Werk deutlich spürbar. Bei den verwirrenden historischen Fakten ist diese allerdings verständlich.

 

Das Predigen war den Waldensern vom Erzbischof verboten worden. Es wird behauptet, dass sie an das dritte Konzil von Lateran unter Alexander III appelliert hätten, obwohl sie schon vor dem Konzil von 1179 von der Obrigkeit verurteilt worden waren. Sie waren zu einem Vehör aufgerufen worden. Man muss bedenken, dass damals das mittelalterliche System dafür sorgte, dass die Staaten der Besitz ihrer Herrscher waren, und dass es, solange Rom über diese Länder das Sagen hatte, nicht möglich war, irgendeinem Glauben zu huldigen, der nicht mit dem Roms übereinstimmte. Deshalb mussten sie vor Gericht erscheinen, wenn sie vorgeladen wurden, auch wenn sie Rom keinen Treueeid geleistet hatten. Wenn sie es nicht taten, wurden sie auf jeden Fall verbrannt.

 

Es gab noch eine wichtige Spaltung unter den Waldensern. Sie rührte daher, dass die italienischen Waldenser solche Sakramente für wertlos hielten, welche von unwürdigen Priestern gespendet wurden. Die Franzosen stimmten mit dieser Ansicht nicht überein. Die Italiener verwarfen alle Sakramente, die von römischen Priestern gespendet wurden und bestanden gleichzeitig auf genaue Befolgung der Lehren des Neuen Testaments. Diese Uneinigkeit wurde im Mai 1217, dem Jahr des Todes von Waldes, bei einer Konferenz besprochen (Adeney, ibd.). Die beiden Zweige der Waldenser namen mit der Zeit wieder Kontakt miteinander auf, aber es gab weiterhin klare Trennungen. In Frankreich existierte eine Gruppe parallel zu den Albigensern.

 

Aufzeichnungen der Inquisition des fünfzehnten Jahrhunderts weisen auf eine große Zahl einflussreicher Waldenser in Zentralitalien hin. In Kalabrien gelang es den Waldensern von Piemont, die Bewohner der meisten Gebiete zu überzeugen. Sie konnten sich 250 Jahre lang dort halten, bis sie durch erbarmungslose Verfolgung ausgerottet wurden.

 

Das französische Kirchensystem war trotz der Lehren des Waldes episkopal, während das italienische System presbyterianisch war. Hier bestand die Kirchenleitung aus einem Kirchenrat mit einem ‘obersten Pastor’ an der Spitze und einem Laienrat unter ihm. Die jährliche Synode bestand aus gleichen Zahlen von Ältesten und Laien (Adeney, ibd.).

 

Die Waldenser zentrierten sich allmählich um die Täler der Cottischen Alpen. So wurde ‘Vaudois’ als geographische Bezeichnung bestätigt. Adeney leugnet das, gibt aber zu, dass der Name ‘Waldes’ auf die Bettelmönche von Lyon zurückzuführen ist. So erweist es sich, dass die Waldenser in ihren frühen Stadien allgemein in den Alpen verbreitet waren und so auch den Einflüssen der Albigenser ausgesetzt waren. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass die subordinationistischen Sekten, die fälschlicherweise von den Katholiken Manichäer genannt wurden, sich über Österreich, Frankreich und Spanien durch den Balkan haben ausbreiten können, ohne auch durch die Alpen gezogen zu sein und mit den Waldensern Kontakt aufgenommen zu haben, die ähnliche Gebiete bevölkerten. Die wahrscheinlichste Antwort auf diese Frage ist, dass die Waldenser zu den Zeiten der Verfolgung anfingen, sich den Protestanten anzuschließen, einfach um überleben zu können. Als sie keine Subordinationisten mehr waren, konnten sie anfangen, den Sonntag einhalten. Spätere Historiker, die sich mit ihnen befassen, meinen sogar, dass sie immer den Sonntag eingehalten hätten.

 

Im fünfzehnten Jahrhundert litten die Täler wieder einmal unter schwerer Verfolgung, und zwar von dem Herzog von Savoyen. Sie wurden um 1434 gezwungen, in großen Zahlen auszuwandern. Im Jahre 1475 besuchte der Inquistor Acquapendente das Tal von Luzern und zwang die Oberherren, die Religion dort zu unterdrücken und der Inquisition zu gehorchen. Das führte zu einer Rebellion, was wiederum dazu führte, dass 1484 der Herzog Karl I eingriff. Im Jahre 1494 fand der erste große Angriff mit Hilfe von Streitkräften unter Philipp II (1490 Regent und 1496 Herzog von Savoyen) statt. Philipp wurde so schwer geschlagen, dass er den Rebellen einen 40-jährigen Frieden gewährte. Adeney gibt es zu, dass die theologischen Ansichten der Waldenser um diese Zeit nicht leicht zu ermitteln sind.

Wo wir doch waldensische Glaubensbekenntnisse antreffen, sind sie nachreformatorisch und von Lehren und Redewendungen durchzogen, die typisch für diese Bewegung sind. Der frühere Protestantismus war zum Teil negativ in seiner Ablehnung der katholischen Lehren und Bräuche, die nicht nach dem Neuen Testament gerechtfertigt werden konnten. Insofern er positiv war, vertrat er eine Rückkehr zur Glaubensschlichtheit und Vergeistigung der Anbetung, die der Urkirche eigen gewesen sein sollten (Adeney, S. 668).

 

Als die Reformation anbrach, waren die einzigen organisierten Gruppen Europas die Waldenser und die späteren Hussiten oder Böhmischen Brüder, die beide von der römisch-katholischen Kirche und den Protestanten schlechthin Waldenser genannt wurden (Adeney, ibd.). Also ist der Gebrauch dieser Bezeichnung, sogar noch zur Zeit der Reformation, oft ungenau. Die Lehren der frühen Jahre können nicht mit Sicherheit ermittelt werden. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass sie subordinationistisch und unitarisch waren, dass sie als Arianer klassifiziert waren und das Abendmahl hielten. Dieser Brauch wurde meistens mit Sabbatisten assoziert. Jedoch huldigen auch die Christen, die den Sonntag einhalten, diesem Brauch, den sie die Eucharistie oder das Heilige Abendmahl nennen. Wenn man annimmt, das der Brauch in dem gewohnten Sinn praktiziert wurde, ergibt es sich, dass das Verständnis des Sabbats dem des Passafestes/Abendmahles vorausging. Die obigen Texte identifizieren die Waldenser als Sabbatisten, und Adeney wird wohl kaum den Ausdruck ‘Abendmahl’ missverstanden haben.

 

Die Waldenser hielten 1531 in Piemont eine Synode, um den Bericht des George Morel über die Lehren der Protestanten zu besprechen. Sie waren sich uneinig darüber, ob sie den Protestantismus annehmen sollten oder nicht. Die zwei Gruppen wurden Konservatoren und Innovatoren genannt (siehe Adeney, Anmerkung S. 668). Es besteht deshalb kein Zweifel, dass die ursprünglichen Lehren der Waldenser nicht protestantisch waren. Sie verschmolzen erst um diese Zeit mit den Protestanten. Die Verwerfung Roms und seiner mittelalterlichen Riten, welche als Götzendienst gesehen wurden, als auch die Vergeistlichung der Anbetung und dem Gebrauch der Landessprache für biblische Texte, waren Grundsätze der Waldenser, die willkommene Unterstützung von den starken neuen protestantischen Reformatoren erlangten. Ab 1532 und bei der Synode von Chamforans in Angrogna wurden einige Reformen eingeführt:

1. die Einführung öffentlicher Gottesdienste der waldensischen Kirchen statt der heimlichen Versammlungen

2. eine absolute Verdammung des Brauches einiger Waldenser, römisch-katholische Gottesdienste zu besuchen (es scheint kein Zweifel zu bestehen, dass dieses aus Angst vor Verfolgung geschah (siehe auch Offenbarung 2:20 – 22)

3. eine Annahme der Ansichten der Reformatoren über die Prädestination, gute Werke, den Eid, die Leugnung der Beichtpflicht, das Fasten am Sonntag, Heirat der Geistlichen und die zwei Sakramente

 

Über diese Punkte wurde von der Versammlung abgestimmt, und sie wurden mit großer Mehrheit angenommen.

 

Die Waldenser auf der französischen Seite der Alpen, die zum größten Teil Konservatoren waren, verschmolzen sich mit den französischen Protestanten. Die Verfolgungen waren in Böhmen und Süditalien so stark, dass sie die Waldenserkirchen in diesen Gegenden fast ausrotteten und nur Piemont und die italienischen Täler der Kottischen Alpen, auch Vaudois genannt, als die einzigen wichtigen Stützpunkte übrig ließen (Adeney, S. 669), obwohl viele Waldenser auch noch unter den Schweizern und den deutschen Protestanten verbreitet waren.

 

Im Jahre 1536 kam Piemont unter die Herrschaft des französischen Königs Franz I. Diese Herrschaft dauerte bis 1559. Wilhelm von Fürstenberg, ein resoluter Protestant, wurde als Gouverneur eingestellt und war den Waldensern freundlich gesonnen. Er übergab dem Bruder des Reformators Farel die Verantwortung für Luzern und die Waldenser, die nun eine Blütezeit erlebten. Allerdings waren sie um diese Zeit schon wirklich protestantisch. Es ist also sehr irreführend, zu behaupten, dass sie schon immer den Sonntag eingehalten hätten, da sie nicht vor dem vierzehnten Jahrhundert Trinitarier waren. Und dann waren sie es nur unter Verfolgung, und zwar möglicherweise erst nach der Reformation. Der Brauch, geheime Versammlungen zu halten, ist zweifellos zu Zeiten schwerer Verfolgung entstanden. Das bezeugt zweifellos auch die ihnen eigene Flexibilität, mit der sie ihr religiöses Leben betrachteten, und die gleichzeitige Strenge in Bezug auf die schlichte Auslegung der Bibel. Die Geschichtsschreiber waren auch trinitarische Protestanten, die den Sonntag einhielten, und die darauf bedacht waren, eine direkte Abstammung der Protestanten von den Aposteln zu ermitteln. Sie wollten nicht, dass eine subordinationistische Organisation das Abendmahl halten sollte, welches in Wahrheit ja geschah. Auch hatte Muston die früheren Dokumente nicht zur Verfügung.

 

Die Waldenser wurden viele Jahre lang verfolgt. Die schlimmste Zeit war um 1540 – 1690. Im Jahre 1534 fand eine allgemeine Zerstörung der Waldenserkirchen in der Provence statt. Die italienischen Alpen wurden schwer von della Trinite, dem Befehlshaber Philiberts, des Herzogs von Savoyen, bekriegt. Die Waldenser siegten und am 5. Juni 1561 wurde ihnen Frieden gewährt.

 

Die kalabrischen Waldenser wurden von spanischen Truppen unter dem Inquisitor Michele Ghislieri und später von Papst Pius V verfolgt. Die Nachkommen derer, die nicht in dem großen Gemetzel des dreizehnten Jahrhunderts ausgerottet worden waren, wurden nun wieder verfolgt. 2000 wurden hingerichtet und 1600 kamen ins Gefängnis. In Piemont wurden auch einige Verfolgungen durchgeführt, und zwar von Jesuiten- und Kapuzinermönchen mit Hilfe von Soldaten, wobei Kirchengebäude beschlagnahmt wurden. Das führte zu dem blutigen Krieg des Jahres 1624, in dem beide Seiten schwere Verluste erlitten. Peter Gilles war zu dieser Zeit der Leiter.

 

Es fand auch eine schwere Verfolgung zur Zeit Ludwigs XIV statt, als der junge Karl Emmanuel II Herzog von Savoyen wurde. Seine Mutter, Maria von Medici, war die Tochter Heinrichs IV und Enkeltochter der Katharina von Medici, die das Blutbad der St.-Bartolomäusnacht angezettelt hatte. In Turin wurde ein Rat für die Glaubensausbreitung gegründet. Fünf Jahre später wurde das Dekret von Gastado erlassen, das den Waldenserfamilien der Ebenen befahl, sich binnen 20 Tagen in die Berge zurückzuziehen, wenn sie nicht bereit wären, dem Protestantismus abzusagen. Im tiefsten Winter ertrugen sie mit viel Mut große Entbehrungen. Es scheint, als sei das nur ein taktischer Vorwand gewesen, da etwa 15 000 Truppen nach la Torre entsandt wurden, obwohl die Waldenser sich schon auf den Weg in die Berge gemacht hatten. Die katholischen Truppen erboten sich, mit ihnen zu verhandeln und ließen ihnen scheinbar freie Bahn durch die Bergpässe. Dann aber metzelten sie sie nieder. Etwa 1712 Märtyrer wurden von Jean Leger, dem Historiker, der die Geschichte der Waldenser schrieb, gezählt (aufgezeichnet von Adeney, S. 670). Dieses Blutbad vor der Aufhebung des Ediktes von Nantes (1685) schockierte Europa. Cromwell rief eine Fastenzeit aus. Er beauftragte Milton, einen Brief an den König von Frankreich und die protestantischen Prinzen aufzustellen. Er sandte Sir Samuel Morland zum Herzog von Savoyen, um zu Protest zu erheben. Cromwells Eingreifen trug Früchte. Mazarin beauftragte den Herzog, der Verfolgung ein Ende zu machen und den Protestanten Amnestie zu gewähren.

 

Im Jahre 1686, dem Jahr nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes, sandte Ludwig XIV einen Brief an seinen Vetter, Victor Amadeus II, Herzog von Savoyen, in dem er ihn bat, die Waldenser zu verfolgen, da er selber die Hugenotten verfolge, die unter den Waldensern Zuflucht fänden. Als die Verfolgung wieder anfing, schalteten die schweizer Protestanten in Basel sich ein und boten den Waldensern das Assyl in der Schweiz an. Die schweizerischen Gesandten schafften es mit großer Mühe, die Waldenser zu überreden, dieses Assyl anzunehmen. Am 9. April 1686 unterschrieb der Herzog ein Dekret, das den Waldensern das Assyl gestattete. Aber dennoch wurden einige, die es schon angenommen hatten, gefangengenommen und ins Gefängnis gebracht. Die Waldenser wehrten sich gegen diesen Vertragsbruch. Krieg brach aus, und gegen Ende des Jahres waren 9 000 getötet und 12 000 gefangen genommen worden. Von diesen starben viele in den Kerkern Piemonts. In den Bergen blieben noch 200 übrig, und die führten einen so verbissenen Guerillakrieg, dass ihnen schließlich die Freilassung aller überlebenden Gefangenen und freies Geleit in die Schweiz gewährt wurde. 3000 Überlebende wurden 1687 freigelassen. Sie machten sich über die Alpen auf nach Genf (eine Reise von durchschnittlich zwölf Tagen), und viele kamen im Schnee um. Dieser Auszug fand totz des Protestes der Schweizer statt. Kinder unter zwölf Jahren wurden zurückbehalten, damit sie römisch-katholisch erzogen werden konnten. Sie wurden bis nach Brandenburg in Preußen, nach Württemberg und in die Pfalz verteilt, um zu verhindern, dass sie versuchten, heimzukehren.

 

Die Waldenser eroberten ihr Heimatland am 16. August 1689 bei einer von der Schweiz aus unternommenen Invasion zurück. Sie marschierten in sechs Tagen mit etwa 1000 Männern in das Jaillon-Tal und besiegten eine französische Streitmacht von etwa 2500 Mann unter dem Marquis de Larry. Die Franzosen verloren 600 und die Waldenser 15 Mann, mit 12 Verwundeten. Allerdings waren schon unterwegs 116 Mann umgekommen. Die Waldenser kämpften von La Basiglia aus weiter und führten durch den Frühling 1690 hindurch noch einen Guerillakrieg.

 

Am 23. Mai 1694 wurde ihnen durch ein Siegerdekret (decree of Victor) Religionsfreiheit gewährt. Papst Innozenz XII denunzierte das Edikt, worauf der Senat von Turin wiederum das päpstliche Dekret zurückwies und seine Veröffentlichung im Herzogtum bei Todesstrafe verbot. Sie hätten schwere Not gelitten, hätten England und Holland ihnen nicht geholfen. Wilhelm und Maria, und später Königin Anna, unterstützten sie aufs Herzlichste, so wie Cromwell es in früheren Jahren getan hatte (siehe Adeney, S. 671). Die Geschichte der Waldenser ist eine von periodisch auftretender, schwerer Unterdrückung, die sich durch die weiteren Jahrhunderte hindurchzog. Diese Geschichte steht in keiner Beziehung zu den Kirchen Gottes, weil sie schon lange den kennzeichnenden Subordinationismus und andere Merkmale dieser Kirche abgelegt hatten. Aber sie sind für uns von Interesse, weil an ihnen gesehen werden kann, wie das Papsttum mit Nicht-Katholiken umging, wenn es die Macht hatte. Wäre es der katholischen Kirche möglich gewesen, hätte sie alle Waldenser getötet, bis jeder einzelne vom Erdboden vertilgt gewesen wäre. 

 

Die Albigenserkriege

Nachdem sie zuerst von dem Grafen von Toulouse, Raymond VI, der vielleicht selbst ein Albigenser war, beschützt worden waren, wurden die Katharer, Albigenser oder Waldenser wieder verfolgt. Raymond wurde 1207 von Pierre de Castelnau, dem Legaten des Papstes Innozenz III, exkommuniziert. Ein persönlicher Diener des Grafen brachte de Castelnau später um, woraufhin der Papst Raymond sofort entthronte. Dieser beugte sich aus Angst dem päpstlichen Willen und wies die Albigenser aus seinem Herrschaftsgebiet aus. Dann tat er am 18. Juni 1209 vor der Kirche zu St. Gilles öffentlich Buße. Als die Truppen, die sich im Norden Frankreichs gesammelt hatten, in Langeudoc einmarschierten, schloss Raymond sich ihnen an und half 1209 bei der Belagerung von Beziers und Carcassone. Zurück in Toulouse, entzog er sich seinen Verpflichtungen und wurde von dem Konzil zu Avignon exkommuniziert. Raymond reiste nach Rom, wo er von Innozenz III empfangen wurde, aber inzwischen nutzte Simon de Montfort seine Abwesenheit, um über sein Herrschftsgebiet herzufallen. Im Jahre 1212 konnte er nur noch Toulouse und Montauban halten. Sein Schwager, Peter von Aragonien, kam ihm zu Hilfe, aber er fiel 1213 bei der Schlacht von Murat. 1215 belagerte Simon de Montfort Toulouse und Narbonne. Raymond bot keinen Widerstand und beugte sich den demütigenden Bedingungen der päpstlichen Legate. Ihm wurde sein Herrschaftsgebiet genommen, und er zog sich nach England zurück. Im Jahre 1215 suchte er bei dem Konzil von Lateran noch einmal die Gunst des Papstes Innozenz III. Im Exil in Aragonien sammelte Raymond VI wiederum seine Truppen und eroberte am 7. November 1217 Toulouse. Später verteidigte er es gegen Simon de Montfort, der am 25. Juni 1218 umkam (C.E., Band XII, Art. Raymond VI, S. 670).

 

Raymond VII versuchte, einen erneuten Krieg abzuwehren, indem er sich 1226 der Versammlung in Bourges beugte, aber ein Krieg wurde trotzdem beschlossen. Ludwig VIII, dem Amaury de Montfort im Süden Rechte abgetreten hatte, nahm Avignon und Langeudoc ohne Widerstand ein, aber starb am 8. November 1226 auf seiner Rückkehr in den Norden in Montpensier. Blanche von Castille führte den Krieg gegen Raymond nicht weiter, und dieser eroberte dann mehrere Gebiete von Imbert de Beaujeu, dem Seneschall des Königs von Frankreich. Im Jahre 1228 begannen neue Kriegerbanden, Toulouse zu plündern. Bald hatte Raymond fast alle seine Festungen verloren und musste Blanche von Castille um Frieden anflehen. Nach der Konferenz zu Meaux kehrte Raymond nach Paris zurück und tat am 12. April 1229 in der Kirche von Notre Dame öffentliche Buße. Er versprach, die Mauern von Toulouse abzureißen, und gab seine Tochter Jeanne Alphonso von Poitiers, dem Bruder König Ludwigs IX, zur Frau. Er kehrte nach Toulouse zurück und, seinem Versprechen entsprechend, das man ihm abgezwungen hatte, gestattete er der Inquisition, sich dort zu etablieren (Bréhier: C.E., Band XII, Raymond VII, ibd.). So wurde der Schutz, der den sabbatistischen Albigensern, bzw. Waldensern gewährt worden war, gewaltsam aufgehoben. Jeder umherziehende Ritter und jeder Opportunist in Europa wurde dazu ermutigt, sich in Toulouse und Südfrankreich gütlich zu tun. Das Gebiet wurde von allen Seiten angegriffen, und wenn die Verbündeten sich weigerten, mitzumachen, wurden sie selbst schikaniert. Der Einlass der Inquisition in Südfrankreich und Südspanien war das Ziel, damit die Sabbatarier ausgerottet würden. Mit der effektiven Entfernung des einzigen Oberherren, der den Anhängern des unitarischen, sabbatistischen Glaubens gut gesinnt war, war dieser Glaube geradezu dem völligen Aussterben, bzw. dem Abfall ausgezetzt. Diese Menschen hatten keine Verbrechen begangen. Sie waren ihrem Oberherrn ein Gewinn und ihrem Gott gegenüber tugendhaft. Aus diesem Grunde allein wurden sie verfolgt und zerstört. Das Konzil von Toulouse veröffentlichte 1229 Kirchengebote gegen die Sabbatisten:

Kirchengebot 3 – Die Herren der verschiedenen Gebiete sollen ihre Villas, Häuser und Wälder gründlich durchsuchen lassen und die Verstecke der Ketzer zerstören.

Kirchengebot 14 – Laien dürfen weder die Bücher des Neuen Testamentes noch die des Alten Testamentes besitzen (Hefele 5, 931,962).

 

H.C. Lea äußerte sich gegen die Inquisition und ihre Verfolgung der Vaudois (History of the Inquisition of the Middle Ages, Band I, besonders S. 96). Tausende wurden von der Inquisition zu Tode gefoltert oder in den Kriegen getötet. Folgende Episode wird berichtet:

Bei der Verwüstung der Stadt Biterre fragten die Soldaten die geistlichen Herren der katholischen Kirche, wie sie denn erkennen könnten, wer die Ketzer seien. Arnold, Abt von Citeaux, antwortete: ‘Metzelt sie alle nieder, denn der Herr weiß, wer sein ist.’ (S. 96)

 

Man sieht aus dieser Geschichte, dass die Tradition des Sabbatismus mehr oder weniger ununterbrochen bis ins dreizehnte Jahrhundert überall in Südeuropa praktiziert wurde. Die verschiedenen Gruppen hießen Paulizianer, Petrobusianer, Passaginier, Waldenser, Sabbatati oder Insabbatati. Der römische Inquisitor, Reinerus Sacho, schrieb um ca. 1230, dass die Sekte der Vaudois sehr alt gewesen sei. Es ist also klar, dass sie Waldes um Jahrhunderte zeitlich vorausgegangen ist.

 

Die Sabbatarier waren auch als Pasigini bekannt. Hahn sagt über sie:

Die Verbreitung der Ketzerei ist zu dieser Zeit fast unglaublich. Von Bulgarien bis zum Ebro, von Nordfrankreich bis zum Tiber, überall treffen wir sie an. Ganze Länder, wie Ungarn und Südfrankreich; sind verseucht; sie kommen in großen Zahlen in vielen anderen Ländern vor; in Deutschland, in Italien, in den Niederlanden und selbst in England treiben sie ihr Wesen (Gesch. Der Ketzer, 1,13,14).

 

Bonacursus wird auch zitiert:

Nicht nur einige, sondern viele wissen, welches die Irrlehren derer sind, die Pasigini genannt werden ….. Erstens lehren sie, dass wir den Sabbat heiligen sollten. Dann, um die Irrlehre schlimmer zu machen, verdammen und verwerfen sie all die Kirchenväter und die ganze römische Kirche (D,Archery: Spicilegium I, f, 211 – 214; Muratory Antiq. Medævi. 5, f, 152, Hahn 3, 209).

 

Die Priester (wahrscheinlich Hahn) sollen auf die Forderung, dass das vierte Gebot gehalten werden müsse, mit der Erklärung geantwortet haben, dass der Sabbat die ewige Ruhe der Heiligen symbolisiere.

 

Spuren von Sabbatariern werden zu den Zeiten Gregors I, Gregors VII und im zwölften Jahrhundert in der Lombardei gefunden (Strong’s Cyclopædia 1, 680). Weiter waren sie von Italien aus durch ganz Europa verbreitet.

Robinson schreibt einen Bericht über einige der Waldenser der Alpen, die Sabbati, Sabbatati, Inzabbatati, aber meistens Inzabbatati genannt wurden. ‘Man sagt, sie wurden nach dem hebräischen Wort Sabbat so genannt, weil sie den Samstag als des Herren Tag hielten’ (General History of the Baptist Denomination, Band II, S. 413).

 

Es war gerade wegen der Unfähigkeit der katholischen Kirche, die subordinationistischen Sabbatarier auszumerzen, dass die Kriege des dreizehnten Jahrhunderts veranlasst wurden. In Spanien waren die Verfolgungen speziell auf die waldensischen Sabbatarier gemünzt.

Alphonse, König von Aragonien, usw., an alle Erzbischöfe, Bischöfe, und alle anderen …. Wir befehlen euch, dass alle Ketzer, besonders die Waldenser und Insabbatati, von dem Angesicht Gottes und von allen Katholiken vertrieben werden sollten, und dass ihnen befohlen werden sollte, unser Königreich zu verlassen (Marianæ, Præfatio in Lucam Tudenæm, zitiert aus Macima Bibliotheca Veterum Patrum, Band 25, S. 90).

 

Nach den Kriegen, und trotz der Inquisition, war die Sekte immer noch vorhanden.

Ludwig XII, König von Frankreich (1498 – 1515), kam es von den Feinden der Waldensern zu Ohren, dass den Waldensern, welche einen Teil der Provence bewohnten, mehrere schwere Verbrechen zur Last gelegt worden seien. Auf diese Nachricht hin, die von Feinden der Waldenser verbreitet worden war, sandte er einen Bevollmächtigten und einen gewissen Doktor aus der Sorbonne, um die Sache zu untersuchen. Als diese zurückkehrten, berichteten sie, dass sie alle Gemeinden besucht hätten, aber keine Spuren jener Verbrechen hätten finden können, derer die Waldenser bezichtigt worden seien. Im Gegenteil, sie hielten den Sabbattag ein, hielten das Sakrament der heiligen Taufe nach den Bräuchen der Urkirche und unterrichteten ihre Kinder in den Artikeln des christlichen Glaubens und der zehn Gebote Gottes. Der König, da er den Bericht seiner Boten gehört hatte, sagte mit einem Schwur, dass sie bessere Menschen seien denn er selbst oder seine Leute (History of the Christian Church, Band II, S. 71 – 72, dritte Ausgabe, London, 1818).

 

Die Verbreitung der Sekten der Katharer und der Albigenser

Die Gruppen, die zur Zeit der Waldenser existierten, besonders in Südfrankreich und Südspanien, wurden, wie wir schon gesehen haben, Katharen und Albigenser genannt. ‘Kathari’ ist vom griechischen katharos oder rein abgeleitet. Sie waren also, wörtlich verstanden, Puritaner. Wir stellen jedoch fest, dass die Waldenser um die gleiche Zeit in den gleichen Gebieten existierten und die gleichen Lehren hatten. Wir haben es deshalb mit Verzweigungen desselben Glaubens zu tun. Die Bezeichnung Cathari ist sehr alt. Die Novatianisten des dritten Jahrhunderts waren als Cathari bekannt, und auch die Manichäer wurden so genannt. Weber schreibt:

Cathari war der Sammelbegriff für die dualistischen Sekten des späteren Mittelalters. Es gab zahlreiche andere Namen, die diese Häretiker bezeichneten. Ohne die Korrumpierungen Cazzari, Gazzari, in Italien und Ketzer in Deutschland in Betracht zu ziehen, gibt es folgende Bezeichnungen: Piphli oder Piphles in Nordfrankreich und Flandern; Arianer, Manichäer und Paterani, nach wirklichen oder angeblichen Ähnlichkeiten der Lehre; Tesserants, Textores (Weber), nach den Berufen, die viele ihrer Anhänger ausübten. Manchmal wurden sie von ihren Zeitgenossen fälschlicherweise ‘Waldenser’ genannt. Nach dem Demagogen Arnold von Brescia und dem häretischen Bischof, Robert de Sperone, wurden sie auch Arnoldistae und Speronistae genannt. Ihrer geographischen Verbreitung verdankten sie Namen wie ‘Cathari von Descenzano’ oder ‘Albanenses von Descenzano’ (zwischen Brescia und Verona), oder ‘Albano’ nach Alba in Piemont oder vielleicht nach der Provinz Albanien; ‘Bajolenses’ nach Bagnolo in Italien; ‘Concorrezenses’, wahrscheinlich nach Concorrezo in der Lombardei; ‘Tolosani’ nach Toulouse; und besonders  ‘Albigenses’ nach Albi. Die Bezeichnungen ‘Pauliciani’ mit den wahrscheinlichen Korrumpierungen ‘Publicani’ oder ‘Poplicani’ und ‘Bulgari’, ‘Bugri’ oder ‘Bougres’ deuten auf ihre wahrscheinlichen Ursprünge im Orient hin (N.A. Weber: C.E., Art. Cathari, Band III, S. 435).

 

Weber versucht offenbar fälschlicherweise, die Waldenser von diesen Sekten zu trennen. Er erklärt:

Osteuropa scheint, den Daten nach zu urteilen, das erste Gebiet gewesen zu sein, in dem der Katharismus sich manifestierte, und es war auf jeden Fall das letzte, das davon befreit wurde. Die Bogomilen, die Vertreter dieser Häretik in ihrer milderen, dualistischen Form, existierten vielleicht schon im zehnten Jahrhundert und wurden später in großen Zahlen in Bulgarien angetroffen. Bosnien war noch ein Katharerzentrum. Einige Autoren neuerer Zeit unterscheiden nicht zwischen den Häretikern, die dort angetroffen wurden, und den Bogomilen, während andere sie zu den strengen Dualisten hinzuordnen. In westlichen zeitgenössischen Dokumenten werden sie normalerweise Patareni genannt, welche Bezeichnung sich auf die Katharer Italiens bezog.

 

Es steckt ein deutlich erkennbares Schema in den Bewegungen dieser Menschen. Ihr Ursprung liegt offensichtlich bei den Paulizianern, die in Thrakien angesiedelt waren. Die ersten Siedlungen waren also in Albanien und Bulgarien. Von dort aus verbreitete sich die Sekte nach Bosnien. Die Bulgaren nahmen den Katharismus an. Er betonte die Heiligkeit der Ehe und wurde von allen puritanischen Sekten praktiziert. Die Bogomilen scheinen inmitten der monastischen Orden und der orthodoxen Geistlichkeit eine pervertierte Form des Systems entwickelt zu haben. Ihr System scheint unter den Bulgaren und auch im Balkan ernstliche Kontroversen verursacht zu haben. Es besteht kein Zweifel, dass alle Gruppen im Laufe der Jahrhunderte in allen Gebieten, die sie bewohnten, geheiratet und Kinder gezeugt haben. Die Behauptung, dass sie den Zölibat befolgt hätten, ist unsinnig.

 

Der Grund, weshalb die Katharer Pauliani (oder Paulizianer) genannt wurden, ist, dass sie ähnliche Lehren hatten. Die Behauptung, dass die Epistel untergeordneten Wert hatten, ist eine Mutmaßung.

 

Die Sekten verstanden, den Aussagen ihrer Lehren nach zu urteilen, die Bibel wörtlich. Der Grund für ihre Bezeichnung als Cazzari und Sabbatati ist auch nicht schwer zu ermitteln. Die Khazaren oder Cazzari hatten sich um ca. 740 zum Judaismus bekehrt. Sie bewohnten die Krim und die Gebiete am Kaspischen Meer, östlich bis zum Aralsee und dem Oxus. Sie verbreiteten sich nach Norden, an der Volga entlang bis nach Südbulgarien. Sie waren Oberherren der Gebiete nördlich, westlich und östlich von Bulgarien und herrschten im Nordwesten bis zur Ukraine. Sie hielten den Sabbat und Heilige Tage ein und befolgten die  Speisegesetze, so wie die Paulizianer es vermutlich getan hatten. Die Khazaren halfen den Madjaren bei ihrer Invasion Ungarns. Dafür scheinen die Madjaren wiederum die Verbündeten der Khazaren bei der Ausbreitung ihres eigenen Reiches gewesen zu sein. Das jüdische Königreich der Khazaren dauerte von etwa 700 bis 1016. Jüdische Flüchtlinge aus Griechenland schlossen sich 723 den Khazaren an. Der Atlas of Jewish History von Martin Gilbert (3rd  edition, Dorset Press, 1984, S. 25 – 26) enthält eine Karte der jüdischen Verbreitung und ihres Einflussbereiches. Jüdische Rabbis wurden in das Königreich der Khazaren eingeladen, und es bestand ein reger Briefwechsel zwischen den Khazaren und den spanischen Juden. Koestler (The Thirteenth Tribe, Popular Library, New York, 1976) identifizierte sie als Nachkommen von Aschkenas, dem Sohn von Gomer (Genesis 10:3). Daher wurden sie auch Aschkenasi genannt, bzw. Volk des Aschkenas. Zvi Ankoris Versuch, Koestler in seinem Werk Genetic Diseases of Ashkenazi Jews zu widerlegen, ist nicht überzeugend.

 

Die Aschkenasi siedelten sich in einem Landstreifen an, der sich von der Krim nordwestlich bis zum baltischen Meer erstreckte (siehe Atlas of Jewish History, S. 43). Dieses Gebiet kann als Ausläufer und Umformung des khazarischen Königreiches gesehen werden. Diese Umformung setzte um 970 ein, als die Russen anfingen, das Reich anzugreifen. Im Jahre 1016 wurde es von einer russisch-byzantinischen Streitmacht endgültig zerstört. Dadurch wurde das ganze Gebiet geschwächt, da die khazarischen Juden umsiedelten und sozusagen ein Vakuum für die Mongolen hinterließen, die es dann 1215 überrannten. Das trieb die Khazaren noch weiter nach Westen. Es gab auch ab 1016 jüdische Wanderungen aus der Krim südlich nach Konstantinopel, Trebizond und Alexandria und auch nordwestlich nach Charkow und Chernigow. Um 1350 waren sie bis nach Kiew und 1445 nach Litauen vorgedrungen. Verfolgungen in Ungarn zwischen 1349 und 1360 trieben die Juden nach Norden, nach Tarnapol (siehe Atlas of Jewish History, S. 45 – 46). Deshalb ist es zu erwarten, dass einige sich zu einer Form des Christentums bekehrt haben könnten, welche Lehren verkündete, die dem Judaismus nah verwandt waren, und deren Anhänger auch, wie sie, verfolgt worden waren. Einige bekehrten sich auch zum russischen Orthodoxismus. Die meisten blieben jedoch Aschkenasi Juden und wurden schließlich Teil von Juda. Die Aschkenasi sind noch heute deutlich erkennbar, da sie rein äußerlich anders aussehen als die sephardischen Juden Spaniens, Britanniens und des Ostens. Die Judenverfolgung war allgemein in Europa sehr stark, aber besonders in Spanien und Portugal. Sie lief mehr oder weniger parallel zu den Verfolgungen der Puritaner, mit denen sie sich wohl oft identifizierten, obwohl sie einen anderen Namen trugen.

 

Die bosnischen Katharer

Im zwölften Jahrhundert nahm Kulin, der Ban oder Herrscher Bosniens, mit 10 000 seiner Untertanen den Katharismus an. Die Katholiken unter Innozenz III und Gregor IX versuchten vergeblich, sie auszurotten. Papst Nikolaus IV (1288 – 92) sandte Franziskaner nach Bosnien. Die Ungaren sollen auch versucht haben, die Katharer in Bosnien zu unterdrücken, aber die Katharer identifizierten ihre Religion mit ihrer Freiheit. Der bosnische König Thomas bekehrte sich im fünfzehnten Jahrhundert zum Katholizismus und erließ strenge Edikte gegen seine Mitchristen. Es gab etwa 40 000 Katharer. Sie verließen Bosnien und zogen 1446 in die Herzegovina. Die Häretiker verschwanden, als die Türken das Gebiet erobert hatten. Einige Tausende wurden orthodox, während viele mehr sich zum Islam bekehrten. Das deutet schon ansich darauf hin, dass die Bewegung unitarisch war. Webers Kommentar (C.E., S. 437) bezüglich des erzwungenen Zölibats der Katharer ist kaum ernst zu nehmen. Man kann nicht jahrhundertelang eine Bevölkerung aufrechterhalten, ohne Kinder zu zeugen. Die Bräuche, die unter den Mönchen der Bogomilen angetroffen wurden, sind kaum ein Maßstab für die Bräuche einer allgemeinen Bevölkerung, die den Monastizismus nicht praktiziert und ihn sogar verwirft. Die letzten Katharer zogen höchst wahrscheinlich nach Norden, nach Transylvanien, wo die Sabbatarier in Erscheinung traten. Die Bekehrung des khazarischen Reiches kann auch mit der Wanderung der puritanischen Sekten nach Ungarn und in die Gebiete jenseits der Karpaten, bzw. nach Rumänien assoziiert werden. Die Sekten in Ungarn wurden Sabbatarier genannt, weil sie den Sabbat einhielten.

 

Die Geschichte dieser Sekten schien bis zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts mehr oder weniger klar. Dann aber schrieb Dr. Samuel Kohn, Oberrabiner von Budapest, Ungarn, das bedeutende Werk, DIE SABBATHARIER IN SIEBENBÜRGEN; ihre Geschichte, Literatur und Dogmatik; (Budapest, Verlag von Singer & Wolfer, 1894; Leipzig, Verlag von Franz Wagner). Der folgende Text wurde von der CCG übersetzt und veröffentlicht mit einem Vorwort von W. E. Cox und ist über CCG Publishing auf www.ccgpublishing.org verfügbar.

 

Kohn sagt, “während sich das Ideal weiterhin Schritt für Schritt Richtung ursprünglichen und wahren Christentum, jüdischen religiösen Sitten und Satzungen, die durch das Alte Testament vorgeschrieben wurden hin bewegte, das ursprünglich vom Christentum verurteilt und abgelehnt wurde, letztendlich tatsächlich übernommen und praktiziert wurde”. Er scheint keine Vorstellung über die umfassende Waldenser-Ära zu haben, die vor der Reformation stattfand aus der diese Sabbatarier erschienen.

 

Marx sagt, dass sie, Kohn zufolge, den Ebioniten und anderen judenchristlichen Gruppen der ersten paar Jahrhunderte nach Christus ähnlich waren. Die Sabbatarier der Karpaten bildeten vor 1588, als Andreas Eossi ihr Leiter wurde, eine lockere Gemeinschaft. Sie konzentrierten sich um zwei Städte, nämlich Szekely-Keresztur (heute die rumänische Stadt Cristuru-Secuiesc) und Korospatak (heute Bodoc). Die ungarischen Dörfer, in denen die Sabbatarier gegen Ende des sechzehnten Jahrhunderts hauptsälich wohnten, waren zNagy Solymos, Kis Solymos, Uj-Szeleky, Szent-Demeter, Ernye, Ikland, Bozod, Bozod-Ujfalu und auch der Wohnort Andreas Eossis. Bald nach Eossis Tod im Jahre 1599, fingen seine Anhänger an, von ihrem Glauben abzufallen.

.Autoren aus dieser Zeit waren Enok Alvinczi, Johannes Bokenyi, Thomas Pankotai und Simon Pechi (Eossis nächster Mitarbeiter) (Marz, ibd.).

 

Ebenfalls in 1579 spaltete sich die unitarische Kirche in zwei Teile – den Sabbat Haltende und Sonntagsverehrer.

  1. Sie glaubten nicht an die Dreieinigkeit und wurden Anti-Trinitarier genannt.
  2. Sie glaubten nicht an die Kindertaufe.
  3. Sie glaubten nicht an die Gottheit Christi.  

Francis Davidis wurde 1566 zum Gründer der unitarischen Kirche in Transylvanien ernannt. Es war der Tod von Davidis in 1579, der die unitarische Kirche spaltete. 1568 und 1569 vertrat Davidis die allgemeine Meinung der Sabbatarier, dass der Heilige Geist nicht Gott war (aber die Kraft Gottes) und daher nicht angebetet warden musste “weil die Propheten und die Apostel solch eine Anbetung nirgends lehrten” (Kohn, übersetzt S. 22). 1571 veröffentlichte er eine Abhandlung über den Unterschied zwischen der “Verehrung und Anbetung Gottes und Jesus (ibid.).” 1578 eröffentlichte er die vier Thesen über die Nichtanbetung von Jesus Christus (ibid.).

 

Eossis akzeptierte den unitarischen Glauben in 1567. Die Lehren unter seiner Verwaltung sind bis zum heutigen Tag beinahe identisch.

 

1. Das Neujahrsfest, das  Passahfest, die Tage der ungesäuerten Brote, Pfingsten, Trompeten als Neumond Tag der Versöhnung, Laubhüttenfest, der Tag des letzten Gerichtes

2. Die zehn Gebote

3. Die Nahrungs- und Gesundheitsgesetze (Man aß kein Blut, kein Schweinefleisch, keine erwürgten Tiere.)

4. Das tausendjährige Reich dauert 1000 Jahre. Christus wird am Anfang des tausendjährigen Reiches zurückkehren und Juda und Israel versammeln.

5. Gottes heiliger Kalender sollte gebraucht warden gemäss dem Tempelsystem.

6. Zwei verschiedene Auferstehungen: die eine zum ewigen Leben, die andere zum Gericht am Ende der tausend Jahre.

7. Wir sind aus Gnade erlöst, aber Gottes Geseetz muss immer noch gehalten warden.

8. Nur Gott ruft den Menschen zu seiner Wahrheit. Die Welt ist eigentlich blind.

9. Christus war der größte der Propheten, der allerheiligste aller Menschen, ‘der gekreuzigte Herr’, ‘das höchste Haupt und der König aller wahren Gläubigen, der innig geliebte und heilige Sohn Gottes’.

 

Auf den Seiten 62 – 67 in Kohns Werk (Seiten 54 ff der Übersetzung) wird das Alte Sabbat-Gesangbuch besprochen. Das Liederbuch wurde in ungarisch geschrieben und nur acht Lieder zeigen den Namen des Autors in einem Akrostichon. Dies waren Eossi, Enok Alvinczi, Janos Bokenyi, Thomas Pankotai und Simon Pechi.

 

Das alt-sabbatarische Gesangsbuch, beinhaltet  insgesamt über hundert sowie zwei Hymnen für verschiedene Andachten , unter ihnen nicht weniger als 44 für den Sabbat. Zusätzlich beinhaltet es fünf Lieder für den Neumond, 11 für das Passahfest (und ungesäuerte Brote), 6 für das Wochenfest, 6 für das Laubhüttenfest, 3 für das Neujahrsfest, 1 für den Versöhnungstag, 26 für verschiedene Anlässe des alltäglichen Lebens (Kohn übersetzt S. 55).

 

Es gibt daher keinen Zweifel daran, dass die Kirche die Heiligen Tage und die Neumonde einhielt in der Reihenfolge ihrer Bedeutung. Der Tag der Trompeten ist nicht aufgeführt, da er durch die Hymnen der Neumonde, die Vorrang hatten, abgedeckt war. Daher wurde in den frühen Tagen Rosch Haschana nicht beachtet. Vom Fest des Neumondes, aufgezählt in der Reihenfolge von Kohn wird angenommen, dass er auf das tatsächliche Neujahr in Abib angewandt wurde. Seine Verlegung auf die Position der Trompeten (auch das später befolge Rosch Haschana), wurde als eine späte judaisierte Erfindung betrachtet. Der Fehler der begrenzen fortlaufenden Rolle des Opfers Christi, wie von Kohn behauptet, ist ein später judaisierter Fehler und wurde nie durch die Kirchen, die den Sabbat beachten, im Laufe der Zeit gehalten (Kohn trr. S. 78).

 

Simon Pechi hat die Sabbatkirchen in Transylvanien 1623 übernommen und bis 1638 nahm der sabbatarische Glaube eine spezifische judaisierende Wende. Der Gerichtstermin in Des 1638 brach die Stärke des sogenannten Judaisierung-Bewegung. Von der Verhandlung in 1638 bis 1869, resultierte eine Judaisierungsentwicklung in der Wandlung eines Elements zum Judaismus, die die Grundlage von Kohns Werk bildeten. Andere Elemente existierten immer noch, die den ursprünglichen Glauben wahrten, wie die Einhaltung des Sabbats, Neumonde und die Feiertage, die Reinheitsvorschriften mit der gleichen Theologie wie wir heute.

 

Um 1637 waren vermutlich zwischen 15 000 und 20 000 Sabbatarier in Transylvanien. Gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts waren die Sabbatarier immer noch in mindestens elf Städten und Dörfern in Transylvanien vertreten. Im Jahre 1867 erklärte das ungarische Parlament die Religionsfreiheit für alle religiösen Konfessionen einschliesslich der Juden und versetzte die Sabatarier in die Lage, ihre chrstlichen Konfessionen zu verlassen und sich selbst zu offenbaren und einige (nicht die meisten, wie es Kohn behauptet) wurden Juden. Das Vorwort der Übersetzung erklärt die Umstände, unter denen Kohn schrieb und die Fehler, die er behauptete.

 

Kohn gibt zu, dass, wenn man die derzeitige Situation in Betracht zieht,(c.1894)

es unwahrscheinlich ist, dass die meisten Sabbatarier zu den Juden übergegangen sind.

Heute befindet sich die größte Sabbatariergruppe – und es sind Tausende – in Transylvanien in der Gegend von Oluj und Sibiu. Der Bischof von Cluj – Rumäniens zweitgrößte Stadt – hält den Sabbat ein.

 

Die Karpather gab es bis ins 20. Jahrhundert in den Gebieten jenseits der Karpaten und in Rumänien. Unter der kommunistischen Regierung spalteten sie sich in zwei unabhängige sabbatistische Gruppen. Eine von diesen hält alle alttetamentlichen Gesetze ein, so wie es jahrhundertelang von ihren Vorfahren getan wurde. Also lebt die europäische Kirche, welche auch die der thyatirischen Epoche genannt werden kann, noch so, wie Christus es in der Offenbarung (2:25 - 26) versprochen hat.

 

Der Sabbat in Britannien

Sabbatismus gab es in Britannien seit den allerersten Bekehrungen zum Christentum. Britannien kam schon früh mit dem Christentum in Berührung, und Tertullian von Karthago (ein rhetorischer Schreiber) schreibt in seiner Schrift, Against the Jews. Er prahlt das:

Teile Britanniens, die den Römern nicht zugänglich sind, sind doch von Christus erobert worden.’ Das wurde etwa zweihundert Jahre nach der Geburt Christi geschrieben (Edwards: Christian England, Band I, S. 20).

 

Das Gebiet um Glastonbury blieb unter britischer Kontrolle, bis Ine, König der Westsachsen (688 – 722), es eroberte. Er fand dort eine Holzkirche vor, die schon als alt verehrt wurde. Er gab ihrer Geistlichkeit ausgedehnte Ländereien, und die Kirche stand bis 1184, als sie abbrannte. Der erste Märtyrer, der von den Römern in Britannien verzeichnet wurde, war Alban. Er scheint ein römischer Soldat gewesen zu sein, der einem christlichen Priester, der aus Gallien geflüchtet war, Assyl bot. Er wurde dann von ihm getauft (Edwards, S. 21). Gildas und Bede berichten auch von den Märtyrern Aaron und Julius in Caerleon. Aarons Name deutet an, dass er ein Jude gewesen sein könnte (Edwards, ibd.).

 

Bei dem Konzil von Arles im Jahre 314 waren fünf christliche Briten zugegen, einschließlich drei Bischöfe: Eborius, Bischof von York, Restitus, Bischof von London, Adelfius, Bischof von Lincoln (das ist allerdings nicht sicher, da der Schreiber Colonia Londoninensium statt Colonia Lindensium schrieb), ein Priester und ein Diakon (Edwards, ibd.).

 

Der Kaiser Konstantin wurde nach dem Tod seines Vaters, Constantius, am 25. Juli 306 in York zum Augustus, bzw. Kaiser erklärt.

 

Constantius war den Christen in Gallien, die Subordinationisten und Unitarier waren, wohlgesonnen gewesen. Konstantin veranlasste 325 das Konzil von Nicäa, und Athanasius berichtet, dass die britischen Bischöfe die dort formulierten Dekrete annahmen. Edwards meint, dass es wahrscheinlich sei, dass die Kirche in Britannien eine Minderheit blieb, die sich um die Städte konzentrierte (S. 22). Es ist aber wahrscheinlicher, dass die Elemente, die den Glauben des Athanasius teilten, in dieser Weise konzentriert und in der Minderheit waren. Der große Rest bestand aus sabbatistischen Subordinationisten, die die Gebiete von Irland bis nach Schottland bewohnten. Man beachte, dass der bekannte Theologe, Pelagius, ca. 380 in Britannien geboren wurde. Deshalb ist die Verbindung der britischen Kirche zur gallischen Kirche nicht zufällig. Er betonte die Freiheit des Menschen und seine Fähigkeit, aus eigener Kraft mit der Gnade Gottes zusammenzuwirken (Edwards, S. 23). Diese Lehre kam in Konflikt mit der Lehre des Augustinus von Hippo, der erklärte, dass der Mensch in Sünden geboren und empfangen und deshalb völlig abhängig von der vergebenden Gnade Gottes sei. Diese Lehre wird in dem folgenden augustinischen Gebet veranschaulicht:

Gewähre uns, was du uns gebietest, und gebiete, was du willst (Ibd.).

 

Rom wurde im Jahre 410 von den sogenannten Barbaren erobert. Die Wandalen, die Rom besetzten, waren eigentlich bilderstürmerische, sabbatistische, unitarische Christen, sogenannte Arianer. Das Wort Wandalismus stammt daher, dass die Wandalen die Götzenbilder der Römer zerstörten und deswegen von späteren Historikern verleumdet wurden. Es ist eine Tatsache, dass ihre Besetzung Roms vorbildlich vonstatten ging. Pelagius zog nach Afrika und siedelte sich ganz in der Nähe seines Gegners, Augustinus, an, was nicht unbedingt klug von ihm war. Es führte später zu seiner Exkommunikation und seinem Tod in Palästina. Die Wahl seines Wohnortes deutet vielleicht darauf hin, dass Pelagius nicht den Lehren seiner Vorfahren aus dem Norden zustimmte, oder einfach, dass er die Kälte nicht mochte. Der zeitgenössische Chronist Prosper mutmaßt, dass die pelagianistische Häretik in Britannien von Agricola, einem Bischofssohn, verbreitet worden sei. Der Bischof Germanus wurde 429 von Auxerre in Gallien nach Britannien berufen und wurde von dem benachbarten Bischof Lupus von Troyes begleitet. Lupus von Troyes war ein Mönch aus Lérins, dem Kloster, von welchem aus die Eingliederung der gallischen Kirche in das römische System unternommen wurde. Also haben wir es hier mit athanasianischen Mystikern zu tun, die versuchten, das pelagianistische britische System Britanniens mit Hilfe von römischen Streitmächten zu überwältigen. Es wurde nicht nur in Kirchen gepredigt, sondern auch auf den Feldern und Straßen und an den Kreuzungen (Edwards, ibd., S. 23). Die Weggabelungen und Kreuzungen waren von besonderer Bedeutung, weil die Römer und Europäer sie für Zentren der Göttin Hekate hielten. Hieraus ergab sich eine ebenso besondere Bedeutung des Kreuzes. Aus diesem Grunde waren die Subordinationisten, bzw. Unitarier, Bilderstürmer, besonders in Bezug auf die Kreuze. Die schon genannten Bischöfe Germanus und Lupus begleiteten eine militärische Expedition gegen die Sachsen und die Pikten im Norden. Germanus war vor seiner Ordination ein dux oder militärischer Befehlshaber gewesen. Die Kirche nahm unter dem römischen System und unter dem Einfluss der gallischen Bischöfe eine sonderbare neue Form als eine Macht an.

 

Britannien wurde von Truppenbewegungen außerhalb Britanniens geschwächt. 383 zog ein geborener Spanier, General Magnus Maximus, ein Christ und mit dem britischen Mädchen Helena verheiratet, mit seinen Truppen zum Festland und erklärte sich selbst zum Kaiser. Nun war die britische Verteidigung geschwächt. 407 führte ein gewisser Konstantin seine Truppen auch zum Festland und tat das Gleiche wie Magnus Maximus. Nach diesem Jahr kommen in Britannien keine römischen Münzen mehr vor. Um 410 war Rom durch die Invasionen der Barbaren in Gallien und Italien von Britannien abgeschnitten. Nun luden die Briten die Sachsen ein. Die römisch-britische Kirche war nur ein sehr kleiner Teil des christlichen Britanniens und beschränkte sich auf den romanisierten und urbanisierten Süden und Südwesten von The Wash bis nach Exeter. Ein zweites Gebiet erstreckte sich von York aus nach Nordwesten bis nach Carlisle und an die Küste Cumbrias, welche die westliche Grenze der militärischen Zone war (Edwards, S. 25). Andererseits war die keltische Kirche für ihren inbrünstigen christlichen Glauben bekannt (Edwards, S. 27). Die Kelten erkannten die Heiligkeit der Bibel an, nahmen sie wörtlich und gehorchten ihr mit voller Überzeugung. Selbst die Speisegesetze des Alten Testaments wurden als Gottes Gesetz anerkannt. Die Kelten organisierten sich in Stämme und stellten eine Mischung aus verschiedenen Rassen dar.

Was sie vereinigte, war keine Armee und keine städtische Verwaltung, wie es in der römischen Zivilation üblich war, sondern eine gemeinsame Kultur, die auf einen starken, gemeinsamen Glauben gegründet war (Edwards, S. 27).

 

So ist es leicht zu verstehen, warum die römischen Bischöfe aufs Land gehen mussten, um die sogenannte pelagianische Herätik zu bekämpfen. Es ist schwierig, sich eine zivilisierte Diskussion über Prädestination und die Gnade Gottes unter Heiden vorzustellen. Also haben wir es mit zwei grundverschiedenen Zweigen des Christentums in Britannien zu tun. Das britisch-keltische System war zweifellos das überlegene und biblisch autentischere. Es konnte nur dort von den Römern unterdrückt werden, wo sie dominierten.

 

Der Katholizismus wurde in Britannien nicht vor der Bekehrung der Angeln durch Augustinus von Canterbury etabliert. Ethelbert, König von Kent, bekehrte sich zu Pfingsten 597 zum Katholizismus (nach Butler: Lives of the Saints, ed. Walsh, concise ed., S. 158), und viele (etwa 10 000) Untertane wurden an dem heidnischen Weihnachtsfest um die Sonnenwende des Jahres 597 getauft. Die Christen Britanniens waren bis zu diesem Zeitpunkt zum größten Teil, wenn auch nicht ausschließlich, sabbatistische, subordinationistische Unitarier, die die Speisegesetze und die Feiertage des Alten Testaments einhielten. Sie waren bis zur Synode von Whitby in Hilda’s Abbey im Jahre 663 nicht unter römischer Kontrolle, und dann ergaben sie sich auch nur unter Zwang. Columba von Iona heiligte den Sabbat und weissagte seinen Tod am Sabbat, Samstag den 9. Junie 597 (Butler: Lives of the Saints, Band I, Art. St. Columba, S. 762). Butler sagt in seiner Fußnote, dass der Brauch, den Tag des Herrn den Sabbat zu nennen, erst tausend Jahre später entstand (Adamnan: Life of Columba, Dublin, 1857, S. 230. Siehe auch Kommentar von W.T. Skene in seinem Werk Adamnan’s Life of St. Columba, 1874, S. 96).

 

Der Historiker Bellesheim (History of the Catholic Church in Scotland, Band I, S. 86) äußert sich folgendermaßen über den Sabbat in Schottland:

Wir sehen hier scheinbar einen Hinweis auf den Brauch der frühen monastischen Kirche in Schottland, den Samstag, oder den Sabbat, als Ruhetag einzuhalten.

 

James C. Moffat sagt in seinem Werk The Church in Scotland, S. !40:

Es scheint in den keltischen Kirchen der Frühzeit, in Irland sowohl als auch Schottland, üblich gewesen zu sein, den Samstag, also den jüdischen Sabbat, als den Tag einzuhalten, an dem man von der Arbeit ruhte. Sie hielten das vierte Gebot buchstäblich am siebenten Tag der Woche.

 

Flick sagt in seinem Werk The Rise of the Mediæval Church, S. 237:

Die Kelten benutzten eine lateinische Bibel, die nicht die Vulgata der katholischen Kirche war, und hielten den Samstag als Ruhetag, mit besonderen Gottesdiensten am Sonntag.

 

Über das Schottland des zehnten und elften Jahrhunderts wird folgendes gesagt:

Sie arbeiteten am Sonntag und hielten den Samstag als Sabbat ….. Diese Sitten schaffte Margaret ab (Andrew Lang: A History of Scotland from the Roman Occupation, Band I, S. 96; siehe auch: Celtic Scotland, Band 2, S. 350).

 

Turgot zufolge (Life of Saint Margaret, S. 49) waren die Schotten Sabbatisten:

Es war noch ein Brauch unter ihnen, dem Tag des Herrn nicht seine gebührende Ehre zu erweisen und allerhand weltlicher Geschäfte an ihm zu verrichten, so wie sie es an anderen Tagen taten. Dass das dem Gesetz zuwider war, bewies sie (Königin Margaret) ihnen durch Vernunft und durch Autorität. “Lasst uns des Herren Tag heiligen”, sagte sie, “wegen der Auferstehung unseres Herrn, welche an diesem Tag geschah, und lasst uns nicht länger gemeine Arbeiten an ihm tun. Lasst uns bedenken, dass wir an diesem Tag von der Knechtschaft des Teufels befreit wurden. Der heilige Papst Gregor bestätigt das Gleiche.”

 

Skene äußert sich auch in seinem Werk Celtic Scotland, Band 2, S. 349, über Königin Margaret und ihre Unternehmungen gegen das sabbatistische Schottland:

Ihr nächster Punkt war, dass sie dem Tag des Herrn nicht die nötige Ehre erwiesen, aber was diese letztere Sache betrifft, schienen sie an einem Brauch festgehalten zu haben, von welchem wir Spuren in der frühen Kirche Irlands feststellen können, nach dem der Samstag als Sabbat gehalten wurde, an dem man von aller Arbeit ruhte.

 

Lewis (Seventh Day Baptists in Europe and America, Band 1, S. 29) sagt:

Vieles deutet darauf hin, dass der Sabbat sich in Wales bis 1115 n. Chr. allgemein durchsetzte. In diesem Jahr wurde der erste römische Bischof in St. Davids eingesetzt. Die alten sabbatistischen Kirchen von Wales beugten sich nicht sofort dem römischen Joch, sondern zogen sich in ihre Verstecke zurück.

 

Der Sabbatismus lebte im elisabethanischen England wieder auf.

In der Regierungszeit Elisabeths machten sich einige Freidenker ein Gewissen daraus (wie schon vor ihnen einige Protestanten in Böhmen), dass das vierte Gebot von ihnen verlangte, dass sie nicht den ersten, sondern den siebten Tag der Woche heiligen sollten (Chambers Cyclopœdia, Art. Sabbath, Band 8, 1837, S. 498 Zitat verwischt).

 

Jakob I von England entließ 1616 den Oberrichter Coke und bereitete damit den Versuchen, die königliche Macht durch den Gerichtshof einzuschränken, ein Ende. Es gab in dieser Zeit verschiedene Protestantenverfolgungen. Nach der Veröffentlichung des Book of Sports im Jahre 1618 entstand ein heftiger Streit unter den englischen Theologen, ob der Sabbat des vierten Gebotes noch galt und, zweitens, aus welchen Gründen der erste Tag der Woche als der Sabbat gehalten werden sollte (Haydn’s Dictionary of Dates, Art. Sabbatarians, S. 602). Mrs. Traske, eine Lehrerin, wurde 1618 für die nächsten sechzehn Jahre ihres Lebens in Maiden Lane, einem Gefängnis für solche, die sich nicht den Lehren der Church of England beugten, eingekerkert. Sie hatte sich geweigert, am Sabbat zu unterrichten und wollte nur fünf Tage in der Woche unterrichten (Pagitt’s Heresiography, S. 196).

 

Mittlerweile wütete auf dem europäischen Festland der Kampf um die Herrschaft der katholischen Kirche fort. Dieser Krieg, in erster Linie ein Krieg zwischen Katholiken und Protestanten, begann 1620. Die Hapsburger versuchten, die kaiserliche und katholische Herrschaft in Europa durchzusetzen. Im Jahre 1618 hatten sich die Böhmer gegen Ferdinand von Hapsburg aufgelehnt, kurz bevor er deutscher Kaiser wurde. Die böhmische Krone wurde dem protestantischen Pfalzgrafen und Kurfürsten gegeben. Das beschleunigte den Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. In Jahre 1620 eroberten die Hapsburger Böhmen zurück, und die Sabbatistenverfolgungen setzten wieder ein.

 

Im Jahre 1628 eroberte Kardinal Richelieu, trotz englischer Versuche, ihn daran zu hindern, die Protestantenfestung La Rochelle und zerstörte dadurch die Macht der Hugenotten.

 

1639 rebellierten schottische Covenenters, kompromisslose Protestanten, gegen Karl I, der versuchte, ihnen ein neues Gebetbuch aufzuzwingen (McEvedy: World History Factfinder, Century, London, 1984, S. 88).

 

Im Jahre 1642 begann zwischen dem König und dem Parlament ein Bürgerkrieg. Zu dieser Zeit der religiösen Spaltungen bekannten sich berühmte Menschen wie Milton, Isaak Newton und andere zu einer unitarischen Theologie. Cromwell wurde zum Symbol derer, die sich der Herrschaft der katholischen Kirche und den Verfolgungen widersetzten.

 

1647 stellte Karl I die Ansichten des parlamentarischen Ausschusses in Frage und behauptete, dass die Heiligung des Sonntags eine direkte Folge der Autorität der Kirche sei.

Denn es wird nicht in der Heiligen Schrift gefunden werden, dass der Samstag nicht mehr eingehalten werden soll, oder auf den Sonntag umgewechselt werden soll, daher muss es der Befehl der Kirche sein, die den einen abschaffte, und den anderen einführte (R. Cox: Sabbath Laws, S. 333).

 

Hier kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Ablehnung des Papsttums unweigerlich auf solche Veränderungen zurückzuführen war, die lediglich aufgrund der Autorität der Kirche vorgenommen wurden, wie eben die Einhaltung des Sonntags. Dadurch befand sich der Protestantismus in einer gefährlichen Lage. Milton sagte hierzu:

Es wird bestimmt viel sicherer sein, nach dem klaren Gebot Gottes den siebten Tag einzuhalten, als aufgrund der Autorität bloßer menschlicher Mutmaßung den ersten Tag zu heiligen (Sab. Lit. 2, 46 – 54).

 

Im Jahre 1648 beendete der Westfälische Vertrag den Dreißigjährigen Krieg in Europa. Auch nach dem Krieg dauerte die Feindschaft zwischen Spanien und Frankreich fort. Mit dem Aufstand in Paris begann eine Reihe von Unruhen, Fronde genannt, die sich über eine lange Zeit erstreckten. In demselben Jahr, 1648, gründete auch George Fox die Society of Friends, erst ab 1650 Quäker genannt.

 

Um diese Zeit ließ sich auch Dr. Chamberlain, der Arzt des Königs Jakob und der Königin Anna und auch Karls I und der Königin Katharina, taufen (nach seinem Denkmal: vgl. Telegraph Print, Napier, as per SDA notation to document of Sabbath references of unknown publication, S.25).

 

1649 wurde Karl I hingerichtet und England zum Commonwealth erklärt. Cromwell unterdrückte die irischen Rebellen in Drogheda.

 

In dieser Zeit wurde den Sabbatariern Religionsfreiheit gewährt. Als Karl II jedoch 1660 wiedereingesetzt wurde, versprach er zwar zuerst Religionsfreiheit, hielt das Versprechen aber nicht. Thomas Bampfield, der Sprecher eines von Cromwells Parlamenten, wurde im Ilchester Gefängnis eingekerkert, weil er sich in einer Schrift zugunsten des Sabbats am siebten Tag geäußert hatte (Calamy 2, 260). Nach den Briefen des Stennet, 1668 – 1670, gab es etwa neun oder zehn Kirchen, die den Sabbat einhielten, neben vielen verstreuten Jüngern, derer in Ehren gedacht wird (R. Cox: Sabbath Laws, ibd., Band I, S. 268).

 

Über die nächste Zeitspanne gab es fortlaufend erzwungene Auswanderungen von Sabbatariern nach Amerika. Jas. Bailey zufolge war Stephen Mumford der erste Sabbatarier, der 1664 aus London nach Amerika auswanderte (J. Bailey:: History of the Seventh Day Baptist General Conference, S. 237 – 238). Im Jahre 1671 lösten die Siebten-Tages-Baptisten sich von der Baptistenkirche, um den Sabbat heiligen zu können (Bailey: History …, S. 9 – 10). Die Pilgerväter entstammten aber auf jeden Fall einer sabbatistischen Tradition. Vergleiche das Referat: die niederländische Verbindung der Pilgerväter (Nr. 264).

 

Nordeuropa

Der Sabbatismus wurde in Norwegen mindestens seit dem Konzil von Bergen am 22. August 1435 und seit der Konferenz von Oslo 1436 bekämpft. Menschen in verschiedenen Gebieten des Königreiches hatten angefangen, den Sabbat zu heiligen, aber der Erzbischof verbat es aus dem folgenden Grunde:

Es ist streng verboten, so wird es im Kirchengesetz erklärt, dass irgendjemand Feiertage einhält, die nicht vom Papst, vom Erzbischof oder vom Bischof bestimmt worden sind (R. Keyser: The History of the Norwegian Church under Catholicism, Band II, Oslo, 1858, S. 488).

 

Es wurde auch 1435 bei der Versammlung des katholischen Provinzrates von Bergen gesagt:

Es ist uns zu Ohren gekommen, dass manche Leute in den verschiedenen Bezirken des Königreiches den Brauch entwickelt haben, den Samstag einzuhalten.

Es ist strengstens verboten – im heiligen Kirchengebot – dass irgendjemand Feiertage hält außer denen, die der heilige Papst, der Erzbischof oder die Bischöfe vorschreiben. Das Einhalten des Sabbats darf fortan auf keinen Fall zugelassen werden, befiehlt das Kirchengebot. Darum raten wir allen Freunden Gottes durch ganz Norwegen, die der heiligen Kirche gehorchen wollen, dass sie diesem Übel des Einhaltens des Samstags absagen; und den anderen verbieten wir bei schwerer Strafe der Kirche, dass sie den Samstag einhalten (Dip. Norveg., 7, 397).

 

Das Kirchenkonzil zu Oslo erklärte 1436:

Es ist bei gleicher Strafe verboten, den Samstag zu heiligen, indem man nicht arbeitet (History of the Norwegian Church etc., S. 401).

 

1544 wurde die Warnung wiederholt:

Einige von euch halten, trotz der Warnung, den Samstag ein. Ihr solltet schwer bestraft werden. Wer immer dabei ertappt wird, dass er den Samstag einhält, muss eine Geldstrafe von zehn Mark bezahlen (Niels Krag und S. Stephanius: History of King Christian the Third).

 

Also wird es klar, dass das Einhalten des Sabbats sich schon seit mindestens hundert Jahren in Norwegen eingebürgert hatte.

 

Der Sabbatismus, oder zumindest das Verständnis des Sabbats am siebten Tag, bestand, nach Kommentaren in Anmerkungen oder Übersetzungen, auch nach der Reformation in Norwegen. Man beachte z.B. Documents and Studies Concerning the History of the Lutheran Cathechism in the Nordish Churches, Christiana, 1893; und auch Theological Periodicals for the Evangelical Lutheran Church in Norway, Band 1, Oslo, S. 184. Das Einhalten des Sabbats verbreitete sich auch nach Schweden und wurde auch dort ständig unterdrückt.

Der Eifer für das Einhalten des Sabbats blieb lange bestehen. Selbst kleine Dinge, die diesen Brauch vielleicht bestärken konnten, wurden bestraft (Bischof Anjou: Svenska Kirkans Historis, Motet i Upsala).

 

Der Brauch verbreitete sich bis nach Finland, und König Gustav Wasa I von Schweden schrieb an die Leute von Finland:

Vor einiger Zeit hörten wir, dass einige Leute in Finland einem großen Irrtum verfallen seien und den siebten Tag, Samstag genannt, feierten (Staatsbibliothek zu Helsingfors, Reichsregister, Vom. J., 1554, Teil B.B. Blatt 1120, S. 175 – 180a).

 

Dennoch hielten sich die sabbatistischen Kirchen in Schweden bis auf den heutigen Tag.

Wir werden nun versuchen, zu zeigen, dass die Heiligung des Sabbats ihren Grund und ihren Ursprung in einem Gebot hat, welches Gott selbst bei der Schöpfung der Welt einführte, und welches deshalb für alle Menschen zu allen Zeiten verbindlich ist (Evangelisten, Stockholm, 30. Mai bis 15. August 1863; Organ der schwedischen Baptistenkirche).

 

Die Formen des Sabbatismus im Norden waren allerdings zu einer Art trinitarischem Protestantismus degeneriert. Der Subordinationismus war völlig verschwunden. Sie hatten begonnen, einfach den Sabbat einzuhalten, statt sich an die reinen biblischen Begriffe zu halten. Pastor M.A. Sommer begann, den siebten Tag einzuhalten und schrieb einen Artikel über den wahren Sabbat in seinem Kirchenblatt, Indovet Kristendom, Nr. 5, 1875. Er schrieb einen Brief an den Ältesten der Adventisten, John G. Matteson:

Unter den Baptisten hier in Denemark ist eine große Unruhe in Bezug auf das Sabbatgebot ….. Dennoch bin ich wahrscheinlich der einzige Prediger in Denemark, der den Adventisten so nahe steht, und der schon seit vielen Jahren die Wiederkunft Christi verkündet (Advent Tidente, mai 1875).

 

Die Überreste der ursprünglichen Kirche blieben jedoch noch im Südwesten erhalten. Luther hatte auch bemerkt (Lectures on Genesis, 1523 – 27), dass der Sabbatismus zu seiner Zeit in Österreich bestand. Diese Bewegung scheint ein Überrest der früheren Waldenser Sabbati gewesen zu sein. Luther selbst befürwortete sogar das Einhalten des Sabbats.

Gott segnete den Sabbat und heiligte ihn. Gott wollte, dass dieses Gebot des Sabbats bleiben sollte. Er wollte, dass das Wort am siebten Tage gepredigt werden sollte (Commentary on Genesis, Band 1, S. 133 – 140).

 

In Deutschland und Holland wurde der Sabbatismus energisch unterdrückt, und viele starben den Märtyrertod. Barbara von Thiers wurde 1529 hingerichtet. Eine andere Märtyrerin, Christina Tolingen, leugnete die Gültigkeit der heiligen Tage der katholischen Kirche und hielt den siebten Tag als Sabbat (Martyrology of the Churches of Christ, commonly called Baptists, during the era of the Reformation, aus dem Holländischen des T.J. van Bracht, London, 1850, 1, S. 113 – 114).

 

Das Einhalten des Sabbats wurde in Deutschland nicht ausgemerzt. Viele hielten sich daran, unter ihnen Tennhardt von Nürnberg, der ein strenger Sabbatarier war (Bengels Leben und Werke, Burk, S. 579). Er schien der Meinung zu sein, dass die Einhaltung des Sonntags eine Lehre des Antichristen sei (K.I.Austag: Aus Tennhardts Schriften, 1712, S. 49).

 

Wir haben schon die Unterdrückung der Einhaltung des Sabbats Jahrhunderte vor der Reformation in Belgien erwähnt. Die Sabbatarier fanden um 1520 in Lichtenstein auf dem Gut Leonhardts von Lichtenstein Assyl, da die Prinzen von Lichtenstein

… sich an die Heiligung des Sabbats hielten (J.N. Andrews: History of the Sabbath, S.649).

 

Dieser Brauch in Lichtenstein wurde von Wolfgang Capito  angegriffen:

Die Sabbatarier lehren, dass der äußerliche Sabbat, d.h. der Samstag, noch eingehalten werden müsse. Sie sagen, der Sonntag sei eine Erfindung des Papstes (Wolfgang Capito: Refutation of Sabbath, 1599).

 

Der Sabbatismus war schon vor der Reformation nach Russland vorgedrungen und wurde 1503 von einem Konzil in Moskau verdammt.

Die Angeklagten [Sabbatarier] wurden vorgeladen; sie bekannten öffentlich den neuen [sic] Glauben und verteidigten denselben. Die prominentesten unter ihnen, der Außenminister, Kutitzyn, Ivan Maximow und Kassian, Archimandrit des Klosters von Novgorod, wurden zu Tode verurteilt und am 19. Dezember 1503 in Moskau öffentlich in Käfigen verbrannt (H. Sternberg: Geschichte der Juden [in Polen], Leipzig, 1873, S. 117 – 122).

 

Sternberg bemerkt:

Aber die Mehrheit zog in die Krim und in den Kaukasus, wo sie trotz Verfolging bis in die heutige Zeit ihrem Glauben treu bleiben. Sie werden Subotniki, d.h. Sabbatarier, genannt (Sternberg: Geschichte der Juden in Polen, S. 124).

 

Es besteht wenig Zweifel, dass die Sabbatati oder Waldenser bis 1500 in Böhmen eine bedeutende Rolle spielten.

Erasmus bezeugt, dass diese Böhmer noch um 1500 nicht nur den siebten Tag gewissenhaft einhielten, sondern auch Sabbatarier genannt wurden (aus R. Cox: The Literature of the Sabbath Question, Band II, S. 201 – 202; neu zitiert in Truth Triumphant, S. 264).

 

Das Zitat von Cox scheint folgendes auszudrücken:

Ich schließe aus einem Abschnitt in Erasmus, dass es in der frühen Zeit der Reformation, als er schrieb, in Böhmen Sabbatarier gab, die nicht nur den Sabbat einhielten, sondern nach Berichten auch gewissenhaft an ihm ruhten (Dr. R. Cox: Literature of the Sabbath Question, Band II, S. 201 – 202).

 

Armitage und Cox (ibd.) erklären, dass die Sabbatarier schon 1310 in Böhmen etabliert waren.

Um 1310, zweihundert Jahre bevor Luther seine Thesen veröffentlichte, waren die böhmischen Brüder ein Viertel der Bevölkerung Böhmens, und sie standen in Verbindung mit den Waldensern, die Österreich, die Lombardei, Böhmen, Norddeutschland, Thüringen, Brandenburg und Mähren bewohnten. Erasmus betonte, wie streng die böhmischen Waldenser den Sabbat am siebten Tag einhielten (Armitage: A History of the Baptists, S. 318; auch R. Cox, ibd.).

 

In Mähren war Graf Zinzendorf der Leiter einiger Sabbatisten, und um 1738 schrieb er über das Einhalten des Sabbats:

.dass ich schon viele Jahre lang den Sabbat als Ruhetag benutzt habe, und unseren Sonntag als den Tag, an dem das Evangelium gepredigt wird (Budingacher Sammlung, Leipzig, 1742, Teil 8, S. 224).

 

Die Mährer zogen 1741 von Europa nach Amerika, wo Zinzendorf und die mährischen Brüder sich mit der Kirche in Bethlehem, USA, einigten, dass sie den siebten Tag als Ruhetag halten wollten (ibd., S. 5, 1421, 1422). Ihre Lehre über die Gottheit ist nicht klar. Rupp zufolge bestand, noch ehe Zinzendorf und die böhmischen Brüder in Bethlehem den Sabbat einhielten, in Pennsylvania eine kleine Gruppe deutscher Sabbatarier (Rupp: History of Religious Denominations in the United States, S. 109 – 123). Die Geschichte der Böhmer und Mährer zwischen 1635 und 1867 wird von Adolf Dux dargestellt. Er sagt:

Der Zustand der Sabbatarier war beklagenswert. Ihre Bücher und Schriften mussten dem Karlsburg Konsistorium ausgeliefert werden, um den Flammen zum Opfer zu fallen (Adolf Dux: Aus Ungarn, Leipzig, 1880, S. 289 – 291).

 

Die Unterdrückung der Sabbatarier wurde in Teilen Rumäniens, der Tschechoslowakei und des Balkans fortgesetzt. Sie dauerte auch nach dem Toleranzedikt Josephs II um 1789 fort, da das Edikt nicht für Sabbatarier galt. Einige unter ihnen verloren bei diesen Verfolgungen alle ihre Besitztümer (Jahrgang 2, 254). Katholische Priester zwangen die Sabbatarier mit Hilfe von Soldaten, wenigstens dem Namen nach den römischen Katholizismus anzunehmen, am Samstag zu arbeiten und am Sonntag in die Kirche zu gehen. Das geschah über eine Zeitspanne von 250 Jahren immer wieder. Die Weigerung der Toleranzedikte, besonders des Edikts des ungarischen Parlaments im Jahre 1867, die Sabbatarier als echte Kirchen anzuerkennen, wird auch von Samuel Kohn in seinem Werk SABBATHARIER IN SIEBENBÜRGEN (op. cit.) bemerkt, als auch von Gerhard O. Marx in seinen Anmerkungen zu dem Werk op.cit. (siehe oben); (vgl. Kohn: The Sabbatarians in Transylvania, übersetzt von T. McElwain und B. Rook, ed. W. Cox, CCG Publishing, USA, 1998).

 

Ab 1588 wurde den Kirchen Rumäniens und Ungarns unter Andreas Eossi der Gebrauch der Druckerpresse verweigert. Sie mussten ihre Schriften mit der Hand drucken. Diese Kirche bestand in den Gebieten jenseits der Karpaten und Rumänien (besonders in Oluj und Sibiu) um ca. 1894. Ihre Mitglieder hielten den Sabbat ein und wurden Sabbatarier genannt. Die Nachsilbe arier scheint auf das Wort Arier hinzudeuten, vielleicht, weil sie nicht-jüdische Sabbatisten waren; oder es war eine ungenaue Bezeichnung für sabbatistische Arier. Diese Kirche gibt es heute noch in der Ukraine und in den Gegenden nördlich der Zentren von 1894. Sie waren Unitarier.

 

Eine andere christliche Tradition

Brady bemerkt in seinem Werk Clavis Calendaria (I – II, London, 1812, S. 313 – 314), dass die frühe Kirche geglaubt habe, Christus sei am Laubhüttenfest geboren. Obwohl die frühen Christen Hebräer waren, hielten sie sich doch an den römischen Kalender. Danach fand das Laubhüttenfest am 1. Januar statt. Und so schmückten sie zu dieser Zeit zum Gedächtnis an die Geburt Christi ihre Kirchen mit grünen Zweigen, genauso, wie die Juden Buden oder Zelte errichteten. Brady zufolge ist das der Ursprung der Sitte, nach der die Häuser zu Weihnachten mit grünen Zweigen geschmückt werden.

 

Das Reich der 1260 Tage

Aus diesem Referat geht hervor, dass es in der christlichen Welt durch die Jahrhunderte hindurch parallel zur katholischen Kirche fortlaufend unitarische Kirchen gegeben hat, die den Sabbat einhielten, und dass die katholische Kirche ständig versucht hat, sie zu unterdrücken. Es gab Zeiten, als diese Kirchen der Vertilgung sehr nahe standen. Fast immer, wenn die orthodoxe Kirche die Macht hatte, wandte sie alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel an, das ihr fremde System auszurotten. Über Jahrhunderte hinweg war das Eingreifendste dieser Mittel die Inquisition.

 

Die Epoche des Heiligen Römischen Reiches hatte um 590 mit den Erklärungen des Papstes Gregor I seinen Anfang. Das Papsttum übernahm bei dem Verfall des Oströmischen Reiches in Italien effektiv die Herrschaft Roms (Siehe McEvedy, ibd., S. 41). Dieses System bestand 1260 Jahre lang als Symbol des römischen Tieres. 1846 endete die letzte Inquisition. Sie dauerte 23 Jahre, von 1823 bis 1846, und 200 000 Menschen wurden allein im Kirchenstaat zu Tode verurteilt, lebenslänglich eingekerkert, verbannt oder zu den Galeeren verurteilt. Weitere 1,5 Millionen waren unter ständiger polizeilicher Überwachung und Schikanierung.

Es stand immer ein Galgen auf dem Marktplatz jeder Stadt und jedes Dorfes. Bahnfahrten, Versammlungen von mehr als drei Personen und alle Zeitungen waren verboten. Alle Bücher wurden zensiert. Ein Gericht saß zu jeder Zeit in jedem Ort, um Angeklagte vorzuladen, zu verurteilen und hinzurichten. Alle Gerichtssachen wurden auf Lateinisch abgehalten. 99% der Angeklagten verstanden die Klagen nicht, die man gegen sie vorbrachte. Jeder Papst zerriss regelmäßig die unzähligen Ersuche, die ihn ständig um Gerechtigkeit, Stimmrecht und Polizei- und Gefängnisreform anflehten (Malachi Martin: The Decline and Fall of the Roman Church, Secker and Warburg, London, 1981, S. 254).

 

Aufstände wurden von österreichischen Truppen mit Massenhinrichtungen, lebenslanger Zwangsarbeit, Verbannung oder Folterung bekämpft (ibd., S. 254). Papst Gregor XVI unterdrückte einen Aufstand, indem er die Rebellen einfach niedermetzeln ließ. Das Ende des Reiches der 1260 Tage wurde von den Revolutionen von 1848 in Europa und Italien eingeleitet (McEvedy, S. 151). Der Papst, Pius IX, wurde am 19. April 1850 von französischen Truppen wiedereingesetzt. Nun aber war er ohne Macht. Garibaldis Armee umzingelte Rom am 19. April. Es wurde eine Wahl gehalten und für die Unabhängigkeit vom Papsttum gestimmt, und der Kirchenstaat schloss sich der Republik Italiens an. In Rom allein gab es 47785 Stimmen für die Unabhängigkeit und nur 47 dagegen. Im Kirchenstaat war das Ergebnis 132 681 dafür und 1 505 dagegen (Martin, S. 255). Es war die totale Ablehnung der päpstlichen Herrschaft. Acht Monate später erließ das italienische Parlament ein Gesetz, das dem Papst gewisse Garantien gewährte:

Der Papst ist ein unabhängiger Souverän, das erkennt das Parlament an. Er ist persönlich unantastbar und immun, und er hat die Freiheit, zu kommen und zu gehen, Konklaven, Konzile und Konsistorien zu halten, wie er will. Er besitzt den Vatikan, den Lateran-Palast, die päpstlichen Verwaltungsgebäude und das Castel Gandolfo. Er wird eine jährliche Einkunft von 3 225 000 Lire bekommen.

 

Pius zerriss sein Exemplar und sagte: “Wir werden ein Gefangener sein.” (Martin, S. 255)

 

So kam das Reich zu seinem großen Ende. Es flammte 1871 noch einmal kurz auf. Dann verlor der Papst wiederum alle seine weltliche Macht. Die Sabbatkirchen waren vorübergehend sicher, aber sie waren so gut wie tot. Sardes regierte (Offenbarung 3:1 ff).

 

In China wurde das Ende des 1260-jährigen Reiches wohl bei dem Taiping-Aufstand um 1850 gefeiert. Hung Hiu-Tsen erklärte sich selbst zum Kaiser und eroberte Nanking und Schanghai (McEvedy, S. 151). Das Einhalten des Sabbats war ein wichtiger Faktor und auch ein Stimulus. Einem der Offiziere zufolge (Lin-Le), wurde unter Hung alles Opium, Tabak und alkoholische Getränke verboten, und der Sabbat wurde gewissenhaft eingehalten (Lin-Le: The Ti-Ping Revolution, Band I, S. 36 – 48 und 84). Als die Taiping gefragt wurden, warum sie den siebten Tag als Sabbat einhielten, sagten sie, dass es erstens so von der Bibel gelehrt werde, und dass zweitens ihre Vorfahren den Sabbat als einen Tag der Anbetung gehalten hätten (A Critical History of the Sabbath and the Sunday, auch in SDA publication, S. 27).

 

Das 1260-jährige Reich kann von Offenbarung 12:6 und Offenbarung 12:15 abgeleitet werden, wo der Frau die Flügel des großen Adlers gegeben werden (Christus wie im zweiten Buch Mose), dass sie in die Wüste fliegen kann, wo sie für eine Zeit, zwei Zeiten und eine halbe Zeit ernährt werden soll. Nach dem prophetischen Zeitensystem fußt das auf dem 360-tägigen prophetischen Jahr oder 360 Jahren. Also besteht in dieser Prophezeiung eine mögliche Dualität. Sie bedeutet jedoch in erster Linie, dass die Zeitspanne 1260 Jahre (360 x 3,5) umfasst. Der Anfangszeitpunkt dieser Prophezeiung ist um 590 n. Chr. Das Argument, dass die 1260 Jahre bei den römischen Schlachten von Busta Gallorum begann und bei der Entthronung Napoleons im Jahre 1814 endete, ist völlig falsch. Belisarius eroberte Sizilien und Italien zwischen 535 und 540 von den Ostgothen, welche dann aber 540 zu einem erfolgreichen Gegenangriff übergingen. Im Jahre 568 überrannten die Lombarden Italien. Sie waren von den Awaren aus Ungarn vertrieben worden. Das Ende des Systems war nicht 1814. Waterloo fand im Jahre 1815 statt, nicht 1814.

 

Napoleon hatte eigentlich schon 1806 das Heilige Römische Reich aufgelöst und abgeschafft. Alle hapsburgischen Länder wurden Teil des österreichischen Reiches, mit Deutsch als Landessprache. Napoleon annektierte 1808 den Kirchenstaat (McEvedy, S. 135). 1815 ging aus dem Wiener Kongress ein Übereinkommen hervor, das die Karte Europas völlig neu zeichnete. Die Monarchien Österreichs und Preußens wurden restauriert. Das Heilige Römische Reich wurde als Deutscher Bund unter österreichischem Vorsitz rekonstruiert. Schweden gewann Norwegen von Denemark, aber verlor seinen Stand auf dem Kontinent (McEvedy, S. 140). Zwischen 1815 und 1848 verschob sich nur eine Grenze in dem Gebiet, das durch den Wiener Kongress gedeckt worden war, und zwei in ganz Europa. Die erste Verschiebung war lediglich eine Anerkennung der Tatsache, dass der beim Kongress unternommene Versuch, Holland und Belgien zu vereinen, missglückt war. Die Belgier vertrieben die Holländer um 1830. Die zweite Grenzverschiebung fand 1817 statt, als die Serben sich ihre Unabhängigkeit von den Ottomanen erkämpften. Die Griechen versuchten 1821, ihre völlige Unabhängigkeit zu erlangen.

 

Also ist die Behauptung, das Heilige Römische Reich sei 1814 zu seinem Ende gekommen, eine propagandistische Erfindung gewisser Kirchen in den USA. Diese Propaganda beruht vermutlich auf der Tatsache, dass die Amerikaner nicht viel über die europäische Politik wussten. Die Adventisten in den USA versuchten, die Wiederkunft des Messias auf das Jahr 1842 festzulegen. Die Behauptungen über die Wiederkunft in den Jahren 1842 – 44 konnten jedoch nicht gemacht werden, solange die Prophezeiung der Offenbarung in Bezug auf die 1260 Jahre noch nicht erfüllt war. Also ignorierten die Adventisten zweckmäßig die Auflösung des Reiches um 1806 und die Rekonstruktion im Jahre 1815, und erklärten, die Beendung des Reiches habe im Jahre 1814 stattgefunden, was ihnen sehr gut in ihre Theorie passte. Diese Lüge ist bis heute von amerikanischen Adventisten und anderen Zweigen der Kirche Gottes geglaubt worden. Das Endergebnis dieses Irrtums bezüglich des Datums ist, dass die Behauptungen der Adventisten über die Wiederkehr des Messias in den Jahren 1842 – 44 falsch sind. Nichts konnte in dieser Zeit geschehen, da die Prophezeiungen der Bibel zu der Zeit noch nicht erfüllt waren. 1850 war der frühste Zeitpunkt, der als Ende des 1260-jährigen Reiches hätte gelten können. Auch andere Daten wurden von den Adventisten und anderen Anhängern Millers in den USA nicht in Erwägung gezogen, und werden es immer noch nicht. Die Folge war verheerend für die sabbatistische Bibelauslegung.

 

Auch das Jahr 663 ist von großer Bedeutung, da in diesem Jahr die Synode von Whitby in Hilda’s Abbey in England stattfand. Die britischen Kirchen und alle westlichen Hebräer wurden mit Gewalt gezwungen, die römische Herrschaft anzunehmen. Das brachte den ganzen christlichen Westen unter den Einfluss der Irrlehren der herrschenden Kirche. Zu diesem Zeitpunkt begann noch eine Epoche der Prophetie, welche woanders erörtert werden wird. Jedenfalls erlitten gehorsame Christen in dieser Zeit schwere Entbehrungen und Verfolgungen. Es soll in den letzten Tagen noch eine Prüfung kommen (Offenbarung 6:9 – 11), und dann wird der Messias kommen.

 

(Bitte zu beachten: Einige Zitate sind einem unklaren SDA-Referat entnommen, das einige unvollständige Zitate hatte. Einige waren sehr alt oder selten. Zwei waren schwierig zu entziffern. Wo möglich, wurden Zitate authentifiziert. Eins wurde korrigiert und ein anderes ergänzt. Wir bedauern diese Art des Verfahrens, aber die Anmerkungen werden als wichtig betrachtet.)